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Das Heusestämmer ABC

 

A    mberaasch

 

Habt ihr Euch schon mal gefragt, wie en echte Heusestämmer das Alphabet buchstabiert? A wie Anton, B wie Berta..? Werklich ned, viel zu langweilisch. Es derf in unserm schöne Dialekt ruhisch e bissi lokaler, heimatverbundener un heusenherzlicher zugeh, oder net?

Aber warum dieser große Aufwand, dieses Gegacker wie en Acker voll narrische Hinkel, warum der Lärm um Nichts, oder uff heusestämmerisch: Wofir der ganze Amberaasch (fr.: embarras – großer Aufwand)?

Des erklär ich Euch in aller Ruh in 26 Folgen von A bis Z bis Woinachte. Damit des alles Hand und Fuß hat, greift jeder Buchstabe ein bestimmtes Thema uff, dass Euch hoffentlich genauso interessiert wie mich.

Da geht´s mal um Dialekt wie beim A, es geht um Brauchtum und Tradition, Ehrenamt und Amtsdeutsch, Einzelhandel und Gastronomie, Umwelt und Freizeit, Heusestämmer und Heusestammer, Medien und Stadtmarketing, um politisches Kabarett un unpolitische Kokelores stelleweis geplant un alsemol aus de Lameng.

A wie Amberaasch kommt also aus dem französische, awwer wie kommt des eigentlich in unsern Dialekt? An den europäischen Höfen wurde bereits im Mittelalter vor allem Französisch gesprochen, und schon Kaiser Karl V. (1500 – 1558) soll gescherzt haben, deutsch red er nur mit seine Soldate und seine Gäul. In dieser Zeit entstehen auch die ersten deutschen Verben, die auf „-ieren“ enden, wie z. B. engagieren, revanchieren und arrangieren. Bei uns dut mer dadezu am liebste nächtelang dischbedieren ohne die kleinen Dinge des Lebens zu eschdemiern. Vor allem mit e paar annern über alle annern un des annersrum wie vornerum, nämlich hinnerum.

Spätestens seit dem Dreißigjährigen Krieg und besonders ab der Zeit der französischen Besatzung unter Napoleon übernimmt die deutsche Sprache immer mehr Wörter und Redewendungen aus dem Französischen. Die Sprachwissenschaft bezeichnet diese als Gallizismen und die kame so ganz langsam über de Rhein, Main bis zu uns ins Ort. Beispiele gefällisch?

Amberaasch: großer Aufwand (fr. embarras) *Bagaasch: Familie (fr. bagage) *Buddig: Laden (fr. boutique) *Dischbediern: erörtern (fr. disputer) *Dormel: Schlafmütze (fr. dormir) *Eschdemiern: wertschätzen (fr. estimer) *Kannapee/Schesselong: Sofa (fr. canapé/chaise longue) *Lameng: aus der Hand/Stegreif (fr. la main) *Portefeller: Feintäschner (fr. portefeuiller) *Regadd: Angst (fr. regard) *Trottwaa: Bürgersteig (fr. trottoir)

A propos, wenn ihr jetzt nicht mehr mitkomme seid, macht kaa Fissematente, huit, huit noch en vin rouge ins Glas geschitt. A votre santez, oder wie sagt´s de Napoleon Bonna Notte: C’est la vie!

 

B    embelbaron

 

Es war einmal, im Sommer 2019, der älteste Verein Heusenstamms feierte ohne damals überflüssigen Abstand mit sehr viel Anstand sein 170 jähriges Jubiläum. Es kam zur Aufführung des Musiktheaterstückes „Der Bembelbaron“, eine Hommage der Konkordia Heusenstamm an 170 Jahre Vereinsleben, eine Verneigung vor dem Ehrenamt. Im Mittelpunkt der langjährige Vorsitzende Bernd Krostewitz, der erst vor kurzem seinen Verein in die jüngeren Hände von Doris Hüter übergeben hat.

Auf dem Bild sieht er, der Bembelbaron, etwas nachdenklich aus, so als sinnierte er über die nahe Zukunft des Vereins, über die Entwicklung ehrenamtlichen Engagements in immer unverbindlicheren Zeiten.

Originale wie der Bembelbaron sind der empathische Kitt unserer liebenswerten Ortsgemeinschaft, die gerade so sehr von diesem epidemischen, für mich mittlerweile unaussprechlichen Mistvieh geärgert und bedroht wird.

Die Bembelbarone, die Ehrenamtler, sind es, die sich gerade jetzt schon warmlaufen, um sich neue Wege für Ihren Verein zu erarbeiten, wenn es irgendwann wieder richtig los gehen kann. So ist es auch bei uns im Ort immer gewesen. Seht ihr sie auch vor Euch, die Bembelbarone vergangener Jahre? Es war einmal…

…de Hans Paul, der durch sei Tornhall gerennt is, weil wieder mal Hochwasser im Keller stand un er zuerst die Hall leergescheppt hat und dann erst sein Keller dehaam in de Paulstraß.

…de Martin Schwald, der über sein heilische Rasen an de Alt Lind gespurtet is, weil er noch de Elfmeterpunkt präpariern musst, wesche dem bevorstehende Derby gesche Kickers Obertshause.

Seht ihr sie nicht auch vor Euch, die Bembelbaronessen der Gegenwart, die für Ihren Verein Verantwortung in unserm wunderbare Ort übernemme?

Genau da müsse mer dranbleiwwe Ihr Vereinsmeier und Vereinsmeierinnen, auch wenn es momentan e bissi schwerfällt. Odder wie würd es der legendäre Hans Paul dorsch die Tornhall plärrn: Seid so gut un begreift´s.

 

C    äcilianer

 

Flughafen Berlin Brandenburg nach 14 Jahren Bauzeit schon letzte Woche eröffnet, die Welt grinst immer noch über gnadenlos effiziente Ingenieur- und Baukunst „Made in Germany“.  

Ein Glück kennt nur ein ganz kleiner Teil unserer unperfekten Welt das Pfarrheim St. Cäcilia, Ende der 70er Jahre im Rohbau und nach knapp 30 Jahren ein Sanierungsfall und nun mehr seit 11 Jahren in einer Endlosschleifen-Diskussion. Gnadenlos effiziente Dischbedierkunst „Made im alde Ort“.

Wie, interessiert Euch nicht? Römisch-katholisch, lutheranisch-evangelisch,  Cäcilaner oder Himmelskröner, Religion- oder doch lieber Ethikunterricht? Es gab Zeiten im Ort, da hat dies noch eine Mehrheit polarisiert, heute beschreiten wir den pastoralen Weg.

Schwarz oder Rot war früher die entscheidende Farbauswahl am Borjemaasterwahltag und selbstverständlich bei der Wahl des Gesangvereins, ähnlich wie heute Blau oder Rot im weißen Haus. Aber lassen wir das mit den Biden Farbenspielen.

Der Cäcilianer Pfarrer Franz Rau ist es, der Urkatholiken im Ort in Erinnerung ist und das nicht nur, wenn sie die gleichnamige Straße entlangschlendern. Wie würde er sich wohl zum aktuellen Dischbedierdesaster, von einem ehemaligen Prunk- und Protzbau hin zu einem über den Tellerrand geplanten Familienzentrum im alten Cäcilia-Ort positionieren?

Vergangenheitsklebende Schubladendiskussion oder generationen- und religionsübergreifender Weitblick das ist hier die Frage? Wer soll das bezahlen hör ich eine Stimme aus der Schublade, wie machen wir das mit dem Verkehr? Wir haben nicht die Absicht, eine Kirchenmauer zu versetzen, erklingt es aus de Unnergass.

Begegnung, Kommunikation, Gemeinschaft, ist es nicht das, was wir gerade im Digitalzeitalter immer notwendiger brauchen? In den Wahlprogrammen der Kommunalwahlkämpfer wird es wieder drinstehen, die Entwicklung der kommunikativen Mitte im Herzen der Altstadt. Also los geht´s, die Wahlprogramme werden ja gerade feinjustiert, denkt auch mal bitte an die Generationen nach uns.

Und übrigens, um gleich den Schubladenrhetorikern vorzugreifen: Nein, ich suche kein neues Theater, die aktuelle Vorstellung läuft ja schon viel zu lange.

 

D    isharmonie

 

In der klassischen Musik gibt es die sogenannte Zwölf-Ton-Musik. Hierbei sind die üblichen Kompositionsregeln, die bestimmte Harmonien vorschreiben, geändert und Disharmonien sind durchaus erlaubt und sogar gewünscht. Aha!

Wer in Heusenstamm an Disharmonie denkt, dem kommt sicher nicht als erstes klassische Musik in den Sinn, sondern eher der Narhalla-Marsch oder das Disharmonie-Lied: „Mir Heusestämmer sin die schennste Leut“.

Der gleichnamige Karnevalverein Disharmonie hat sich 1986 zum ersten Mal gesanglich auf eine Bühne verirrt. Auch hier war unbewusst, Zwölf-Ton-Musik zu hören, aber eher der Tatsache geschuldet, dass zwölf Gesangsstimmen nicht wirklich zusammen harmonieren wollten. Dies war aber seinerzeit nicht das Ziel, denn sie harmonierten abseits der Bühne um so mehr. Aha!

Der Verein wurde 1989 ins Vereinsregister eingetragen und feiert in der Kampagne 2021/2022 sein immerhin 33 jähriges Jubiläum. Darauf konzentrieren sich die Disharmoniker voll und ganz und lasse de diesjährische 11.11., 11 Uhr 11 aafach mal links leie. Traurisch? E bissi schon, aber…

…es gibt ja zum Glück auch die sentimentale Seite der Fastnacht, die in de letzte Jahrn e bissi in Vergessenheit gerate is. Wie heißt es im Nummer 1 Hit der 111 schönsten Karnevalslieder (s. SWR 2009) im Refrain: „Heile, heile Gänsje, es is bald wieder gut. Es Kätzje hat e Schwänzje, es is bald wieder gut, Heile, heile Mausespeck, in hunnert Jahr is alles weg“.

 Im Jahre 1952 wurde eine Vertonung dieses ehemaligen Kinderliedes mit zwei zusätzlichen Strophen über das vom Krieg zerstörte Mainz einem größeren Publikum bekannt, als Ernst Neger es während einer Fastnachtssitzung unter Beifall und den Tränen des Publikums erstmals sang. Das damalige närrische Auditorium hatte deutlich mehr hinter sich als wir heute. Aha!

Abstand halte, Hände wäsche, Alltagsmaske uffsetze, Stoßlüfte und mim närrische Wewerarsch dehaam bleiwwe. Aktueller Heusestämmer Anstand. Aha!

Gut, hunnert Jahr Geduld hab ich ned un mit Mausespeck komme mer aach ned weider. Awwer vielleicht hawwe mer ja in 111 Tage en Impfstoff, der dieses unaussprechliche Mistvieh aus unserer schönen Welt verscheucht.

Denn spätestens am 11.11.2021, 11 Uhr 11 solls doch bei alle Fastnachter widder heiße: Wolle mer se roilosse? Aha? Naa! eroi mit enne!

 

E    ierliese

 

Nein, keine Angst ihr Fastnachtsmuffel, de 11.11. is vorbei und die Narren gehen wieder backstage daheim unner die Bettdeck. Wenn noch eine da is. Ich hab mich heute im Heusestämmer ABC unter E für die Eierliese entschieden, um e bissi über das heimische Brauchtum zu philosophiern.

Des gude Bettzeusch aus de Mama ihrm Schlafzimmer war es früher, was en Narr in Heusestamm gebraucht hat, um sich zu maskiern. Kopfkissebezuch iwwer de Kopp, Deckbettbezuch über de schnuggelische Astralkörper un e Larv uff, ferdisch war die Eierlies. Ein schöner Brauch am Fastnachtswocheend in Heusestamm und meines Wissens gab´s des ach nur bei uns. Es war quasi die Heusestämmer Tracht, e anner hawwe mer ja ned, odder?

Was dem Bayern sei Dirndl un sei Lederhos, was dem Schwarzwaldmädel de Bommelhut, odder was dem Fischkopp sein Friesenerz un Gummistiwwel, is dem Heusestämmer sei Eierliese-Kostüm.

Viel wischdischer als die Discher am Kopp un Körper war nadierlich des Drumerum von dem Brauch. Des war so ungefähr wie heut Halloween awwer fir Erwachsene. Statt Süßes odder Saures war da eher die Frage, Bier odder Schnaps, Lewwerworscht odder Presskopp odder doch jeweils Beides. Die Eierliese sin dabei in de Wohnung der erst Eierlies oigekehrt, gefolgt von de Wohnung der zweit, dritt bis zur gefühlt fünfunzwanzischst Eierlies.

Hierbei wurde die klassische Heusestämmer Lieder gesunge, wie: „Bruns, Bruns, Bruns, jetzt simmer unner uns“, unnerbroche von em klassische Trinkspruch, wie: „Die Sonne scheint durchs Kellerloch, ein trink mer noch“. Nach zahlreiche Freibiere von Fastnachtsfreitag bis Fastnachtsdienstag in de damals übliche Heusestämmer Kultkneipe - Katja, Stebbes, Ross usw. -, viel Bleedsinn uff de Gass, hat mer sich des Aschekreuz an Aschermittwoch dann wirklich verdient.

Isch bin ja dafür, es Bettzeusch mal wieder abzuziehe, um es als Eierliese uff de Gass wieder anzuziehe. Mer is drauße, hat eh e Mask uff, die Leut halte schon aus Respekt mindestens 1, 50 m Abstand und desinfiziert wird da ständisch, also innerlisch.

Ja, is ja gut, Mama. Mei Mudder hat grad aus em Nachbarhaus riwwergerufe, das ihr Bettzeusch nicht mehr für die Eierliese zur Verfügung steht. Ei dann verschiebe mer halt auch des widder bis zur nächsten kontaktfreudigen After-Corona-Party in die Brauchtumskampagne 2022. Mer wird ja mal noch e bissi träume derfe.  

 

F     rankforder

 

„Ich muss uff die Frankforder, soll isch was mitbringe?“ In meiner Kinderzeit war das en gängische Satz meiner Mudder zu meiner Oma, die im selbe Haus unne gewohnt hat, mir owwe. Mei Mudder musst des awwer ned emol runnerbrülle, sie is nämlich von Geburt aus mit einer laut Stimm gesegnet. Was heißt da gesegnet, mei Oma hat ihr des wohl komplett vererbt.

E Unterhaltung von em Teil meiner weiblichen Vorfahrn im Treppehaus is schnell zu em verbale Schlagabtausch worn, was mer uff de Frankforder heut mal alles brauche kennt. Die Nachbarschaft hat unfreiwillisch mitgehört un hat völlisch kostenfrei e paar Kochrezepte frei Haus geliefert kriet un die neueste Wasserstandsmeldunge aus em alde Ort gleich obedruff.

„E Verzischer Glühbern vom Arnold, e Offebach Post von de Margot, e Kabaljaufileee von de Fisch Lisbeth, en gespitzte Bleistift von de Kätta Seidel un e poor Oimachgummis von de Irm.“ Wenn de des alles geholt hast mit em jeweilische Schwätzje warst du selemols de halbe Tag unnerwegs.

Mein Lieblingslade uff de Frankforder war ja damals Anfang der siebzischer Jahrn de Rudi Geier. Schraube, Näschel, Angelzeusch und alles fir die Märklin Eisebahn, des war des Oogebot dort, neudeutsch „Portfolio“.

De Rudi Geier hat beim Bediene immer e qualmend Pfeif mit wohlduftendem Tabak im Mund un hat eine seiner ungefähr siwwetausend Schublädcher geöffnet, wenn du e bestimmt Schraub gebraucht hast, die du fir de Babba mitbringe solltst. Eine Schraube un net en ganze Kardong voll, wie heut im Baumarkt.

Misch hawwe ja viel eher die Dampfloks oder die Miniaturhäusjer fir mei Eisebahn interessiert, die de Baba dann mit seim Kumbel ungefähr sechs Woche lang vor Weihnachte fir mich uffgebaut hat. Isch glaab, die hatte noch mehr Spaß als isch mit de Märklin. Uff jeden Fall war fir misch damals unser Frankforder Hauptstroß wie fir die echte Frankforder die Zeil.

Heut über die Frankforder zu laafe, macht awwer mindestens genauso viel Spaß, wenn mer will. Handygeschäft, Fahrradwerkstatt, Bücherparadies, Klamotte für Fraue, Weinhandel für Männer, Spielzeuglade, Blumelädsche, Schreibzeuschlade, Geschenkelädscher, Bäcker, Metzger, Friseur usw. un nicht zuletzt die ganze wunderbare Wohlfühlkneipe auf unsrer Provinz-Kaiserallee rechts un links vom Torbau.

„Alleweil, in Frankfurt uff de Zeil“, sage die alde Frankforder. Von Euch Heusestämmer wünsch ich mir, löscht doch emol für kurze Zeit Euern Amazon-Account und fragt emol Euer Hausbewohner un Nachbarn wie selemols: „Ich muss uff die Frankforder, soll isch was mitbringe?“          

 

G    rabbsche

 

Werd eigentlich heut noch gegrabbscht?

Also uff em Kerschplatz un net im weiße Haus. Für uns Kinner war des friher fast die einzische Möglichkeit e bissi Taschegeld zusammezukratze. Es Brautpaar stand nach der erfolgreich absolvierten Ja-Sagerei uff de Kerchetrepp und hat die gesparte 1er, 2er, 5er un machnmal ach 10 Pfennisch Münze unners Volk geschmisse.

Un mir sin nach de Pfennisch gesprunge, hawwe annern abgegrätscht un hawwe de 10er gegrabbscht. Ein wunderbarer Heusestämmer Hochzeitsbrauch.

So e traditionell Hochzeit is nach immer gleichem Muster abgelaafe: Polterabend dehaam, Standesamt im Rathaus, Hochzeit in de Kersch, Flitterwoche im Odenwald oder Spessart. Heut geht des alles net mehr, heut brauchst Du für´s Heirate einen Weddingplanner.

Mein Weddingplanner war damals mei Fraa, die hat mich gefragt: Du ich hab im Juni noch zwei Termine frei, Fronleichnam oder Christi Himmelfahrt? Des is praktisch wesche dem Brücketag, da machste am Montag dehaam Junggeselleabschied mit Kumpels, dienstags schläfste dein Rausch aus. Polterabend is dann am Mittwoch, Du schläfst donnerstags am Feiertag dein Rausch aus, gehst freitags auf´s Standesamt und samstags in die Kerch, feierst Hochzeit un schläfst sonntags dein Rausch aus. Danach ab in die Flitterwoche im Odenwald oder Spessart.

Bevor awwer der ganze Zerggus losgeht, is nadierlich es wichtigste über Monate? Es Brautkleid.

Ich weiß ja net, wo so en Weddingplaner heut e Kleid ufftreibt, bei uns muß mer da nach Leidersbach. Des is es Wedding-Outfit-Kaff für´s Rhein-Main Gebiet, mitte im Spessart. Wenn Du des als Mann überlebst, biste nah dran an der Gnadenhochzeit. In Leidersbach hawwese es Hochzeitskleid erfunne, sage die Leidersbacherinne.

Des Kaff besteht gefühlt aus einer Hauptstraß mit ca. 37 Wedding-Outfit-Outlets. Die uffgerund 370 Einwohner von Leidersbach schaffe da alle als Wedding-Outfit-Designer oder als Wedding-Outfit-Nicker in dene Wedding-Outfit-Outlets.

Die Wedding-Outfit-Nicker sin die Verkäuferinne, denn egal was die Braut da anzieht, die nicke immer und sage: Des steht Ihne aber hervorragend. Die meiste Fraue glaube das dann leider auch, Leidersbach halt. Der größte Laden dort heißt Brand Moden. Als Frau liest Du das Firmenschild mit der Betonung Moden und als Mann mit der Betonung auf Brand.

Als Begleitdabbes hast du da nämlich nach em 37te Kleid entweder einen mords Brand, oder Du denkst an Brandstiftung.

Nach dene 37 anprobierte Brand-Outfits geht´s dann ins nächste Wedding-Outfit-Designer-Outlet, zur Firma Bock&Schüssler. Als Mann haste längst kein Bock mehr und brauchst eher e Schüssel, aber einer geht noch.

Un wenn ihr jetzt denkt, des habt ihr lang hinner Euch, weil ihr schon längst geheirat habt, am Arsch die Waldfee. Die Damen fahren auch nach Leidersbach als Brautjungfer, Brautmutter, Brautoma, Kommunionmudder un Tanzschulbegleitmudder. Isch glaab, ich muß emol wieder Grabbsche uff en Kerschplatz, mei Fraa is nämlich Kommejonpatentante und irgendwie muß des Kleid ja bezahlt wern.

 

H    euseStammbaum

 

Wenn mer dem Namensforscher Kahl im Heusenstammer Kalender aus dem Jahre 1979 glaubt, is unsern Städtename wie folgt entstanne:
Heusenstamm = Stamm der Hausen, d.h. der Ursprung aller Hausen-Orte.

Also der Ursprung aller Hausen-Orte hier in de Geschend, nämlich Obertshausen, Hausen, Patershausen, Renigishausen, Froschhausen, Zellhausen, Hergertshausen, Babenhausen, Harreshausen, Eppertshausen, Messenhausen. Wer hat`s erfunne? Die Stammesfürste, mir Heusestämmer.

Über 800 Jahr lässt sich der Stammbaum der Heusestämmer mittlerweile zurückverfolsche. Im Jahre 2011 bei der 800 Jahrfeier der Stadt hawwe des knapp 100 Heusestämmer legendär auf die Bühn im Schloss gebracht.
Upps, des is ja im nächste Sommer auch schon wieder zehn Jahr her.

Ich werd ja seitdem immer wieder mal gefragt, wie is noch emol de Unnerschied zwische „Heusenstammer“ un „Heusestämmer“? Hier noch emol zum Mitschreibe:

Den freiwillig zugezogenen Bewohner unserer liebevollen Heimatstadt nennen wir Ureingeborene liebevoll „Heusenstammer“. Den ureinwohnende Bürger mit verbrieftem Stammbaum zurückreichend bis Sebastian von Heusenstamm, den nenne mir urumpelisch, einheimisch „Heusestämmer“.

Das „Ä“ macht also den Unterschied, zwei Pünktcher mitte ins HeusenHerz. Es gibt awwer eine kleine Abkürzung, um vom „Heusenstammer“ zum „Heusestämmer“ zu wern? Ich hab des anlässlich der beschriebenen 2011er Jubiläumsfeier in einem Lied im Refrain wie folgt zu Papier gebracht:

Über sieben Schobbe mußt du drehn,
sieben Stund am Katja Tresen stehn,
siebenmal musst du de Dalles kehrn
und uns Heusestämmer laut verehrn.

Über sieben Gasse musst du gehn,
in de Unnergass da bleibste stehn,
siebenmal musst du am Torbau schrein:
Oh Herr, lass mich ein Heusestämmer sein.

So schwer isses also aach wieder ned, ein Bewohner Heusenstamms mit zwei Pünktcher auf dem „A“ zu wern. Gut mit dene Schobbe in de Katja werds momentan schwer, weil zu. Ich biet Euch daher mal eine aktuelle Humor-Office Lösung an:

Pünktchen sin in unserm Sprachgebrauch ja doch eher Dubbe. Urumpelische Heusestämmer hawwe dadevo gleich zwaa un des ned nur uff em „A“, mir hawwe sogar en ausgewachsene Dobbeldubbe.

Was ich damit sage will, nemmt doch net immer alles so ernst im Lewwe, holt lieber ab und zu mal Euern Dubbe raus, oder besser Euern Dobbeldubbe. Dann klappt des ach irgendwann mit dem „Heusestämmer“ wern. Törööööö.

 

I      wwerzwersch

 

„Guude Gaasbock, biste widder e bissi iwwerzwersch?“ So fragt regelmäßisch de Gockel vom Bauer Markus de Gaasbock dort, wenn er wieder mal uff die Kabeltrommel klettert un de Owwermaschores markiert.

Früher war in einem Hinkelstall de Gockel de Owwermaschores, also de Hahn uff em Hof. Einmal gekräht un schon war Ruh im Stall. Doch seitdem de Gockel net mehr als Weckrufer auf em Misthaufe gebraucht wird, sondern uff em Bauer Markus seim Hinkelfeld im Wellnessurlaub is un noch net emol mehr uff sei Hinkel uffbasse muss, macht de Gassbock uff seim Kabeltrommelthron regelmäßisch de Dicke.

Wer dem Spektakel uff em Feld dort schon emol länger zugeguckt hat, der hat sicher gesehn, dass de Gaasbock-General auch gar kaa Anstalte macht, sein Thron wieder zu verlasse. Napoleon Bona-Gaasbock residiert owwe uff seinem Kabeltrommel-Olymp un meckert sei Hinkel an, frei nach em Motto: „Isch bin de Batman“.  

Erinnert mich grad sehr stark an de neugewählte Gockel Joe vom weiße Haus im Hühnerhaufe von Washington. Irgendwie kann de Gockel Joe sein Thron net besteische, denn da sitzt ja noch so en dorschgeknallte Gaasbock rum un trumpled durch die Weltgeschicht.

Was der mit unserm iwwerzwersche Heusestämmer Gaasbock Napoleon gemeinsam hat? Eischentlich nur die Frisur. Em Walt Disney sein Donald war ja sympathisch-iwwerzwersch, der Gaasbock Donald vom Trump-Tower is leider einfach nur intelligenzbefreit un deshalb gemeingefährlich.

Jetzt hab ich mich aber weltpolitisch e bissi in Rage philosophiert, ich bin halt aach manchmal e bissi iwwerzwersch = überdreht (Anmerkung für meine hochdeutschen Heusenstammer Leser).

Unsern lokale Heimathühnerhof rund ums Schönborn-Schloss wählt ja auch in absehbarer Zeit en neue Owwermaschores. Die potentielle Heusen-Gockel präsentiern sich schon un die Hinkelschar überlegt sich uff de Home-Office-Stang, ob se demnächst rot oder schwarzgefärbte Eier lesche soll.

Awwer vielleicht taucht ja auch noch en Grünspecht oder en Buntfasan aus der Versenkung uff wie beim letzte Mal. Wie auch immer, die Hauptsach is, dass de Gaasbock von de Kabeltrommel runnerhippt, wenn dem ganze Hühnerhaufe sei Eier gezählt sin.     

 

 J      ohannisfeuer

 

In Mainz sage die Meenzer aus Amöneburg, Kastel un Kostheim, die schon lang zu Wiesbade gehörn: „Rechts des Rheins, is auch noch Mainz.“
Analog könnt mer bei uns formuliern: „Hinnerm Wald, Rembrigge halt“.

Seit dem 1. Januar 1977 gibt es nun Heusenstamm 2, obwohl Rembrücken im Zuge der Gebietsreform eigentlich der neugebildeten Rodgau-Gemeinde als Rodgau 6 zugeordnet werden sollte. Im letzten Weihnachtsgruß 1976 der selbständigen Gemeinde Rembrücken an seine Bürger, war der Melancholie der Götterdämmerung gleichend, folgendes zu lesen:

„In der Geschichte unseres Landes hat es noch niemals eine Veränderung gegeben, die mit der augenblicklichen Gebietsreform vergleichbar wäre.
…Der Bürger wird mit Recht kritisch und argwöhnisch die neue Situation betrachten. Aber in unserer reformfreudigen Zeit ist vieles geschehen, was wir nur schwer verstehen.“

Hä? Die alde Heusestämmer hawwe des damals aach net verstanne, awwer wer im Reformhaus sitzt, soll ja schließlich net mit Kartoffel schmeiße oder so. Da es, wie gehört, bei de Rembrücker damals noch nie eine vergleichbare Veränderung gewwe hat, wurde dann noch Mitte des Jahres 1977 der Rembrücker Gemeindevorstand Adolf Kessler zum Bürgermeister von ganz Heusenstamm gewählt.

Rund um die Sommersonnenwende am 24. Juni hawwe die Johannisfeuer dann uff de Rembrigger Äcker wahrscheinlich zwei Woche lang bis zum Borjemaasterwahltag am 8. Juli 1977 so hell gebrennt wie noch nie. Götterdämmerung.   

Der Johannistag in unmittelbarer Nähe der Sommersonnwende, wurde ja schon in heidnischen Zeiten als bedeutendes Datum gefeiert. Die Germanen etwa glaubten, dass Göttervater Odin an diesem Tag auf die Erde herabsteigen und sie segnen würde.

"Das ließ sich natürlich leicht ins Christliche umdeuten", erläutert Brauchtumsforscher Becker-Huberti. Nicht Odin, sondern Christus war jetzt das Licht, das die Welt erleuchtete. Und Johannes, sein Cousin und Vorgänger, war gleichsam der Lichtbringer, der die Menschen auf die Ankunft des Erlösers vorbereitet hat.

Ich kenn jetzt weder den Göttervater Odin noch Johannes den Täufer persönlich, kannte awwer de Bürgermeister Adolf Kessler. En kleine, clevere Rembrigger mit Herz und Hirn, den ich karnevalistisch von der Bühne aus begleiten durfte. Ob er uns Heusestämmer erleuchtet hat, mer waases net?

Er hat aber auf jeden Fall seine Rembrigger nachhaltig erklärt, warum es besser is, in die Hochebene nach Heusestamm zu lunse, als ins Hinterland nach Haahause bis ganz hinne nach Nieder-Rode. Nach mittlerweile 43 Jahre Heusenstamm-Rembrücken hawweses langsam verstanne, die Rembrigger.

Denn seit dem Johannistag 2017, also exakt 40 Jahre nach de Gebietsreform 1977, brennt in Rembrigge wieder regelmäßig bei de Feuerwehr Rembrücken ein Johannisfeuer. Götterdämmerung. 

Un seit dieser Zeit reime die Rembrücken-Fans unner uns Heusestämmer auch liebevoll:

„Hinnerm Wald, Entzücken, Heusenstamm-Rembrücken.“

 

K    ischegelerschschublad

 

Wohnt bei Euch auch eine Ordnungsfee? Ich bin mit einer solchen verheirat. Glücklich übrigens, desdewesche wirke ich auch oft so aufgeräumt. Wenn ihr www.ordnungsfee.de googled, habt ihr sogar die Möglichkeit als Aufräumcoach ein Zertifikat für einen vorhandenen Ordnungsfimmel zu ergattern. Dort werden dem Leser erstmal folgende Fragen gestellt:

Du hast Spaß daran Ordnung zu schaffen? Äh, nein.
Du wolltest schon immer Dein Hobby zum Beruf machen?  Ja schon, aber net als Aufräumer.
Du hast Lust darauf dich selbstständig zu machen? Äh, bin ich schon.

Fir mich isses also nix. Ein Aufräum-Zertifikat brauch ich net. Mei Geschäftsleitung dehaam schon eher. In unserm Humor-Office-Haushalt is ja mittlerweile dank Corona-Blues alles einmal von links nach rechts und wieder zurück uffgeräumt.

De Inhalt vom mittlere Keller in de Heizungskeller, weiter in die Weschkich zurick ins Kellerbüro, verpackt in Dutte, Kartons und Koffer, ab uff de Bauhof, Kleiderkreisel, Flaschecontainer, Kompostierung und des alles ohne Zertifkat.

Un alles, wo mer dann werklich überhaupt net mehr weiß wohie demit, zum fortschmeiße awwer leider auch zu schad, des kimmt dann bei mir in mei Kichegelerchschublad. So e Küche-Gelerch-Schublad hat ja schließlich jeder, oder? Gestern hab ich dadrin e Feuerzeusch gesucht, um unsern Kachelofe anzustecke. Mei Frau und mei Kinner schmeiße schließlich alles in Babbas Küche-Gelerch-Recycling-Kruschel-Schublad.

Ihr glaubt des nie, was da alles drin is. Angelutschte Bonbons, es könnt ja sei, dass mir die noch schmecke. Da hänge ja auch nur e paar Haarn und 2,3 Einkaufsquittunge vom Baumarkt dran. 100 6er Dübel, 100 Spax Schraube, falls ich 50 Spax Schraube in 120er Nägel umtausche will, sagt mei Fraa.

Abgebrochene Zollstöck, drei Stück. 1m20, 1m40, 1m60, da hawwe mer früher an de Küchewand immer die Kinner mit gemesse. Jetzt sin die halt all schon größer, awwer die Zollstöck kann mer ja uffhebe, wenn emol Enkelcher komme, so in 20 Jahr.

Alte Schlüssel. Mir hawwe in de letzte 15 Jahr ungefähr vier Autos verschrottet, die Schlüssel net. Falls emol e alt Tür vom Schrottplatz gebraucht wird und kein Schlüssel basst.

Alte Einladunge für irgendwelche Verwandtschaftsfeiern. Hier herzliche Einladung zur Taufe von Natascha. Das ist meine Nichte und die ist jetzt schon mit der Uni ferdisch und is selbst Mudder. De Parre hat damals nach der Taufe mit dem Weihwasser gesagt, dass is des brävste Kind bei einer Taufe, dass er je erlebt hätt. Sagte damals mein Schwager: mir übe ja auch seit 4 Woche täglich mit ner Gieskann.

Hier e Rezeptquittung von de Apothek, als Erinnerung für de nächste Schnuppe mit em Gutschein druff. Da krieste in der Apothek, Zäpfchen zum Einführungspreis. Da steht auch ein Mediziner-Gedicht drauf:
 
Ein Mädchen fand einst eine Rose,
sie steckt sie zwischen Hemd und Hose,
Diagnose Gürtelrose.

Hier eine Kleinanzeige, die meiner Frau imponiert hat: Süßes Früchtchen gesucht: Männlicher Liebesboskop sucht zärtliches Aprikosenweibchen zur Gründung einer gemeinsamen Obstplantage. Gewächshaus vorhanden.

Ich sag ja immer, mer derf bei Kleinanzeige net so geschwolle formuliern. Ich hab damals mei Frau über eine Kleinanzeige mit 2 Wörter gefunne: Suche Frau. Hab ich 8.000 Zuschrifte von verheiratete Ehemänner gekriegt mit der Info: Nemmese mei.

Gut, 3 leere Feuerzeuge hab ich auch gefunne . De Kachelofe war halt gestern dann nicht an, mir hawwe stattdesse Decke ausgeteilt und hawwe halb angetrunkene Chantre-Schnapsfläschchen aus de Kicheschublad geleert. So en Conjäckche macht ja schließlich auch warm.

 

L    atschadutt

 

Habt ihr auch noch e Latschadutt dehaam? Waas? E Latschadutt is bei uns im Ort des Synonym für eine Plastiktüte. Aha.

In die alte Tante Emma Lädcher, zu de Emmi in de Gaasegass oder zu de Dina in de Paulstraß usw. is mer friher mit em leere Korb, einer leeren Flasche, oder vielleicht mit em Leinenbeudel. Die Tante Emmi Lädcher konnte wirtschaftlich irgendwann net mehr mithalte, lokale Treffpunkte zum Schwätze beim Einkauf sin auf der Strecke geblieben. Leider.

E bissi dran Schuld war ja die Lebensmittelkette Latscha, die bis in die 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts existierte. Wer kennt ihn aber heut noch, den Frankfurter Kaufmann und Sozialreformer Jakob Latscha (1849-1912)? Kein Heusestämmer möchte ich behaupte, awwer halt sei gleichnamisch Dutt.

LLL stand bis in die 70er Jahre für „Latscha liefert Lebensmittel“. Zudem gab es den Spruch: „Die Lieblingsfrau des Maharadscha kauft ihr’n Handkäs nur bei Latscha“.

Wisst ihr aber auch, dass dem Firmengründer Jakob Latscha die Villenkolonie von Buchschlag zu verdanken ist. Latscha war erfolgreicher Kaufmann, der mit wenig Kapital den ersten Laden eröffnete, aus dem sich noch zu seinen Lebzeiten eine prosperierende Lebensmittelkette entwickelte. Neben dem Unternehmergeist wollte er für Leute Häuser bauen, die sich diese eigentlich nicht leisten konnten. So entstand Buchschlag, allerdings anders, als von ihm beabsichtigt.

Der Verkauf der Grundstücke entwickelte sich nicht so wie erhofft. Angesichts der Baukosten kamen Leute mit kleinen Einkommen nicht infrage. Latscha musste erkennen, dass aus Buchschlag keine Landhaussiedlung nach seinen Vorstellungen werden konnte. Er verlor das Interesse, nicht zuletzt wegen der unerquicklichen Streitigkeiten der Bewohner untereinander. Mer hat´s, wie so vieles auch bei uns im Ort, dot dischbediert.

Sein Wunsch blieb aber, auch wenig Begüterten ein Heim zu schaffen. Einen neuen Versuch startete er 1910 mit der Siedlung Waldheim bei Rumpenheim. Ein Beispiel dafür, dass trotz aller Schwierigkeiten die Ansiedlung weg von den großen Städten gelingen kann.

In Heusestamm gab es auch zwei Latschafiliale, nämlich eine uff de Frankforder und die zweite im heute noch sogenannte Latscha-Hochhaus unne im Einkaufszentrum Alte Linde.

Latschadutte braucht heut aus Umweltgründen zum Glück kein Mensch mehr, ab 2022 sinse sogar verbote. Heut geht wieder der Trend zurück zu em leere Korb, einer leeren Flasche, oder vielleicht em Leinenbeudel.

Die Läden, in dene sowas als Lebenstransportmittel akzeptiert wird, heiße heut net mehr Tante Emma, sondern „Unverpackt-Laden“. Vielleicht ja auch mal eine Idee für einen neuen Einzelhändler uff de Frankforder oder im Einkaufszentrum Alt Lind.

Un zum aktuell geplante soziale Wohnungsbau im Ort sei den Schubladen-Rhetorikern jetzt schon mal gesagt: Lest mal die Vita vom Jakob Latscha. Der Deiwwelskerl war schon im 19. Jahrhunnert seiner Zeit weit voraus. Lasst die Visionäre in de Politik mal e bissi mache un dischbediert net gleich alles kabbut. Ich sag mal so, im März is Kommunalwahl un bei Visione muss mer glaub ich net mal zum Arzt.

 

M    usikzugübungslokal

 

Kennt ihr den Treppen-Abgang auf dem Bild? Hier geht´s ungefähr zehn Stufen runner zur ehemaligen Kontaktbörse von mehrere Musikergeneratione im Ort. Hier geht´s ins legendäre Musikzug-Übungslokal. Ihr seid kaa Musiker? Gut, hier geht´s aber auch runner in die ehemalige Sektbar von jahrzehntelangem Hexerummel in Heusestamm. Ah, da seid ihr wieder im Bild, gell.

Bei so em Hexerummel war an sechs Montagen vor Fastnacht in der TSV Tornhall nicht nur die Hölle los, da war de Papst im Kettehemd zu Besuch, da war de halbe Landkreis maskiert uff de Baa. Party hart, wie mer heut auch sacht. Des war diiiie Kontaktbörse un da hat sich nicht nur jede Minute ein Single mit Niveau verliebt, sondern bei gefühlt 120 Dezibel mindestens zwei.

Da wurde noch mit schwerem Gerät gebaggert und net wie heut geparshipped. Uff de Biehn hat die Colorado Showband oder die Weidida von „Hang on sloopy“ bis „Satisfaction“ mit einer Leidenschaft gespielt, dadegesche is de Mick Jagger ein nassgeschwitzte Messdiener.

Als aktiver Musiker vom Musikzug, heißt heute übrigens TSV Blasorchester, konntest du aber selten an der Körperkontaktbörse teilnemme, du warst dort nämlich meist zum Schaffe. Verdammt zum Ehrenamt, mitgehange, mitgefange, aber egal, geil wars trotzdem.

In de Sektbar unne war eine Riesentheke uffgebaut un dahinner in de Küch saße die Musikzug-Urgesteine und hawwe Äppelkorn selber gemixt. Den hattest Du zwei Tag später noch in de Blutbahn, deshalb gab´s vielleicht zusätzlich ach Persico, der fällt farblich beim Blut spende net so uff.

Die eigentliche Musikerkontaktbörse war aber sowieso eher die Übungsstunn des großen Orchesters Freitag abends ab halb neun. Ich saß als Trompeter links vom Dirigent schräsch visavis von de rechtssitzende Klarinette un Querflöte, in der großen Mehrzahl damals eher weiblich. Clever, kann mer net lerne sowas.

Musiker hawwe bei Marschmusik zum Beispiel im Tutti, also wenn alle spiele, schon mal die Gelegenheit für e bissi Blickkontakt mit dem Klarinettevolk, das zwar vor sich hin trillert, dabei awwer meist nach de schnucklische Trompeter schielt. Die zweite un dritte Klarinettistinne mache schon mal ganz Paus un starren gebannt uff die erste Trompeter, die Heros von so em Orchester. Is klar.

Spätestens in der Paus von so einer Übungsstunn übt mer sich dann im verbalen Körperkontakt, geschweige denn nach de Prob nach einigem Brandbier. Ja Musik mache, erzeugt Brand und so e Übungsstunn dauert zwei Stund, da verlierst du schon mal die Hälfte Deiner Körperflüssigkeit.

Ich weiß ja net, wo Eure Kontaktbörse steht, meine jedenfalls war die Tornhall, ca. zehn Stufen runner, na ihr wisst schon. Daraus sin in dem noch heute erstklassigen Orchester mit grandioser Jugendarbeit damals sehr viele Freundschaften und auch Ehen entstanne.

Das ich seit mittlerweile 27 Jahr mit einer zweiten Klarinettistin aus dieser Zeit verheirat bin, darf ich am Schluß noch verrate. Das Geheimnis dieser Ehe? „Küssen kann jeder, aber nicht wie´n Trompeter.“

 

N    ikolausmarkt

 

Lest ihr das Feuilleton bzw. den Reiseteil der FAZ? Also ich, ääh, nur selten. Aber stellenweise lohnt sich des, ich schwöre doppelt. Redakteur Freddy Langer schrieb dort 2004 folgendes:

„…Als der liebe Gott der Architektur sein Füllhorn über Heusenstamm ausschüttete, war es fast leer. Immerhin, ein Stadttor, ein Schloss und eine Balthasar-Neumann-Kirche fielen noch heraus, purzelten in gerader Linie auf den dürren Grund und konnten so von den Bewohnern des Orts ohne viel Aufwand mit einem kleinen Sträßchen verbunden werden: der Unner Gass - hübsch anzuschauen vor allem deshalb, weil in Heusenstamm so wenig anderes das Auge erfreut.

Wie bitte, Freddy? Mach halt emol dei Matzelaache uff, meine rehbraunen Äuglein erfreut hier so einiges, du Feuilleton-Filou. Weiter im Text macht´s de Freddy dann awwer fast wieder gut:

Einmal im Jahr allerdings leuchtet das Gäßchen auf, buchstäblich, und die so zielsicher geschmacklos gewählten Straßenlaternen aus den siebziger Jahren gleichen zwei Tage lang Weihnachtskugeln, die mit dem Girlandenzauber des Nikolausmarkts um die Wette glitzern, daß es eine Pracht ist. Bude um Bude reiht sich dann in der engen Zeile vom Stadttor bis zum Schloß, jeweils im Wechsel mit einem Angebot von Geschenk- und Genußmitteln - fast alles selbst hergestellt von Einheimischen.“

Gut, mir könnte jetzt e bissi beleidischt sei, wie e einheimisch Lewwerworscht, von wesche „geschmacklos gewählte Straßelaterne“ , aber in einem annern Artikel in de FAZ macht de Freddy ja alles wieder gut. Da schreibt er nämlich von den schönsten Weihnachtsmärkten weltweit und was soll ich Euch sache, wer is unner de erste drei? New York und selbstverständlich, Trommelwirbel … Heusenstamm.

Ja der Reiseredakteur Freddy Langer hat halt Ahnung, er hat net umsonst mal in Heusenstamm gewohnt, warum eigentlich heut net mehr? Wesche de „geschmacklos gewählte Straßelaterne“? So häßlich sinse aach wieder net.

Mir könne de Freddy als Heusestämmer Einheimische ja mal mitnemme uff einen virtuelle Rundgang über de schönste Nikolausmarkt südlich vom Nordpol. Geht ihr mit? Los geht´s…

…ich bin zu Fuß unterwegs, schlendere durch den Torbau uff die Unnergass und da hör ich schon die Stadtkapell, die sich auf der Kirchentreppe St. Cäcilia aufgestellt hat und „In der Weihnachtsbäckerei“ swingt. Es riecht aber garnet nach Bäckerei uff em Kerchplatz, es duftet nach Thüringer bei de Doppelkopper, die ich dort gern als Gedeck mit einem Dunkelbier ess.

Nach einem erste Schwätzje mit de Baumverkäufer neben de Kerchetrepp such ich schon mei Fraa, die ich eben noch beim Salvatore hab babbele seh. Ich setz mich in Bewegung, was uff der knallvoll Unnergass garnet so leicht is. Die Menge schiebt mich in Richtung Auer-Stand, wo sich die Frage stellt: Zwiwwel oder Grob? Also Lewwerkäs im Brötche. Legger, mer brauch ja auch e Grundlach, gell.

Ich sach kurz „GUde“ im Zelt vom Rote Kreuz und stell mich beim Bäcker Paul in die Schlang, Quarkkreppel, ein Traum in Öl. Nach einer Diskussion über die nächste Bäckerweisheite mit em Stefan Paul hinnerm Stand, dreh ich mich rum zur ehemalisch Hoorschneiderei Mieth und bewunder die geschnitzte Holzniggelose und Holzherze.

Da, eine Lücke uff der Unnergass, ich geh e bissi schneller Richtung Konkordia und trink e erst Feuerzangebowl beim kleine Chor. Macht glücklich, Macht durstig, Dreht, Zeit für ein nächstes Abenteuer. Auf das Kinnerkarussel lassese mich net mehr druff, also geh ich in Richtung Schloß. Ich wink em Musikzug in sein Stand, sag Gude bei de Rembricker Fussballer, hol mir e paar Pommes bei de Feuerwehr un schwätz mit de Spritze-Einsatzleitung über Schläuch, Bäuch und manch anner Zeusch.

Wo is eigentlich mei Fraa? Ich tippel weiter in Zeitlupe, geh durch es Schloßtor un steh gleich links bei de Disharmonie zwische Pannekuchqualm, Glühweinschwaden und hab plötzlich drei heiße Slivovitz in de Hand. Ex, Prost, Weiter. Ich such mein Weib am Trappistebierstand, trink zwei mit de gleichnamige Mönche un geh singend „Last Christmas, Trappistebierstand, da schwankt ja ein Mönch, mit Glas in der Hand…“ in Richtung Bannturm.

Am Kerchechorstand geniess ich ein Gedeck Rollbratebrötche mit Bockbier und schwätz mit em Pfarrer Martin Weber über de neuste Stand des Familienzentrums St. Cäcilia. Oh, heißes Thema grad, hochpolitisch, dadevo hab ich leider kaa Ahnung, tschüß Martin. Nix wie zurück an de Disharmonie-Stand.

Drei Slivovitz und drei Glühwoi später klingelt mei Handy? Wo stehst Du? Immer noch beim Salvatore am Kerchplatz? Gut, ich komm, so in erer dreiviertel Stunn treffe mer uns je nach Gedränge am beste in de Mitt am rote Telefonhäusje bei de Feuerzangebowl zum Austrinke. Oder halt später zum Absacker beim Manfred in de Alt Scheun.

So, Freddy? Ziehste jetzt wieder nach Heusestamm? Besser wärs…

 

O    rtsfunk

 

Wisst ihr, was en Ausscheller is? En Gemeindediener mit Präsidenteschell. Die Verbreitung von Neuigkeiten und amtlichen Verkündigungen war vor dem Beginn des Kommunikationszeitalters Aufgabe von Gemeindedienern, die wegen der mitgeführten Glocke in manchen Gegenden auch „Ausscheller“ genannt wurden. Aha.

Der letzte Ausscheller in Heusestamm hieß Kreisel und sine amtliche Bekanntmachungsvitrine stand an de Stifter Schul gegeriwwer vom heutige Forsthaus, wo de Herr Kreisel gestanne hat, ausgeschellt und ausgerufe hat und sei Mitteilunge anschließend hiegehängt hat. Gibts net mehr, ausgeschellt.

Ihre Aufgabe wurde in der Mitte des 20. Jahrhunderts vom Ortsfunk übernommen. Ein Provinzfunk für die Landbevölkerung. Mit der besseren Verfügbarkeit von Rundfunk, Fernsehen und Tageszeitungen in vielen Haushalten nahm die Bedeutung dann im Laufe der 1960/70er ab, so dass in den meisten Gemeinden der Betrieb wieder eingestellt wurde.

Schad eigentlich, da konnt mer sich nämlich uff de Borjemaasterei z.B. auch sei Lieblingslieder wünsche, die dann im Alte Rathaus, heute Haus der Musik, abgespielt worn sin un im ganze alte Ort zu hörn warn. Chuck Berry, Elvis, Hans Albers oder Heintje in the town, yeah.

Im Ortsfunk war dann der Gemeindediener zu allem mögliche bzw. de Borjemaaster zu allem sauwischdische persönlich zu hörn. Wenn also in de Gaasegass en Sack Kartoffel umgefalle is, hat des eher de Gemeindediener verkündet. Wenn aber in de Unnergass en Sack Kartoffel wieder uffgestellt worn is, Chefsache.

Der Ortfunk wurde also offiziell in de 60er Jahre hier im Ort eingestellt, aber dann inoffiziell vom örtliche Einzelhandel übernomme. Beispiele gefällig?
Fischhalle Winter, Wasserhäuschen Margot Weese, Frisöre Hanorm-Heberer-Mieth-Steinbacher-Urbach, Metzjer Sutor un Kollesche, Bäcker Bruno un Innung. Emmis Lädche usw. In diesen Eventlocations mit anhängender Dienstleistung hast du alle Antworte auf Frage kriet, die du noch nie gestellt hast.

Heutzutage im sogenannte Digitalzeitalter gibt´s ungefähr tausend Radio- und Fernsehsender, soziale und asoziale Netzwerke, Home Office und Out of Home Communication, präsentiert awwer net vom Ausscheller sondern in Echtzeit uff em Schmartphone. Information and Nerve-Overload, verstehste.

Gut eine analoge Orts-Tageszeitung gibt´s auch noch, die Stadt braucht ja schließlich ein hochoffizielles, amtliches Bekanntmachungsblättche für lokale Highlights, wenn also schon wieder un jetzt in de Hinnergass en Sack Kartoffel geplatzt is, awwer des hatte mer ja schon.

Seit der Pandemie ist aber in unserm Analogmedium meistens nur noch ein Artikel zu lese, der Rest von de Heusenstamm-Seit in der OP beschäftigt sich mit irgendwas wichtigem in Obertshause, wenn also z.B. dort im Rathaus versehentlich en Sack Kartoffel im Bürgerbüro eingestellt worn is. Huch.

Den einzige Artikel liest du dann ungefähr acht Woche zeitverzögert im komplett gleiche Wortlaut noch mal in de Heusenstammer Stadtpost, in der du auch in de Pandemiezeit jetzt zusätzlich über Kartoffelrezepte aus Egelsbach und Erzhause informiert wirst. Sack-Information Overload.

Es sei denn die OP Lokalreporterin erklärt uns aus Ihrer Sicht zusätzlich in einem „Potatoe Special“ sozusagen den Weitblick der Provinz: Warum is der Sack schon wieder umgefalle? Warum is die halb Sau, die grad durch´s Dorf getriwwe wird, iwwer den Sack gestolpert? Un warum isse sowieso selber Schuld, die halb Sau, wennse ständig umfällt.

Wisst ihr was, ich mach mer jetzt meinen Home Office Ortsfunk rischdisch laut. Oder doch net, meine Ausschellerin in de Kich ruft grad, dass es Esse ferdisch is, es gibt Pellkartoffel mit Dupp, Dupp.

 

P      ortefeller

 

Kennt ihr den Portefeller-Damm? Des is der Bürgeler Deich, der in den Jahren nach 1920 in einem Notstandsprogramm zur Beschäftigung von Arbeitslosen, die in ihrer Mehrzahl Feintäschner, also Portefeuiller waren, entstand. Mit Verspätung befreite der Anschluss an den 1893 fertig gestellten Offenbacher Damm damals auch Bürgel von zeitweiligem Hochwasser.

In der Lederstadt Offenbach gibt es noch heute die „Internationale Lederwarenmesse“ und das Ledermuseum – aber das tägliche Leben prägt die Lederwarenindustrie, die in Stadt und Umland einmal über 10 000 Menschen beschäftigt hat, hier schon lange nicht mehr. In Offenbach bleibt seit der Schließung der großen Betriebe wie Goldpfeil nur die Erinnerung.

Etwa 50 Portefeller-Betriebe hat es in Heusenstamm gewwe, wenn mer de alte Heusestämmer Babbscher zuhört. Ledergeschichte heut mer noch heut, denn wer de „Babbscher-Stift“ net kennt, weiß halt net, dass des de „Bordefelller-Lehrling“ war, denn mer zum Friehstick hole geschickt hat.

Es gab z.B. verschiedene Klebstoffe, also unnerschiedliche Babb, für diverse Materialien und Arbeitsgänge. Da gab´s de blaue oder de rote Leim, je nach Produkt un des musst mer als Babbscher aafach wisse.

Ungefähr 500 bis 600 Heusestämmer hawwe nach dem Krieg von der Lederwaren-Herstellung gelebt und des sin bei damals etwa 3000 Einwohner immerhin 20%. Awwer die Zahl vor allem der Heimarbeiter war sicher noch höher, denn in vielen Familien hawwe schon die Kinder mitgeholfe zu babbsche.

De letzte Mohikaner seiner Art, war bis zuletzt bei uns im Ort die Firma Augenthaler und Heberer, in de Borjemaaster Kämmerer Straß. Dort gab’s Damen-Ledertaschen aller Art, Shopper, Herrenmappen, Kleinlederwaren un des alles genäht, gesteppt un gebabbt vom letzte Musketier der Portefeller in Heusestamm, Otto Heberer, genannt Babb.

Un in Offebach, der Lederstadt? Kaa Ahnung, ich kenn mich sowieso nur Bieber so rischdisch aus. Da is meines Wissens de Feintäschner Willy Röder noch am babbsche. Sei Spezialität in seiner BB Manufaktur (Barth&Bauer) in de Aschaffeborjer Straß sin Nischenprodukte wie Linkshänderportemonnaies. Klingt komisch, is awwer so, kann mer sich net garnet ausdenke.

Wer de Willy Röder kennt, übrigens ein Urfassenachter von de IGBIF mit Wohnsitz natürlich in Heusestamm und ihn nach seinem Handwerk fragt, könnt schon mal folgendes gehört hawwe: „Mei Maschine stamme noch aus de Fuffziger un sin zum Großteil in Offenbach gebaut worn. Neue Gerätschafte brauche mir Babbscher nämlich net. Des ist wie bei eme Hammer, der ännert sich ja aach net.“

 

Q      uetschekuche

 

Kennt ihr de Unnerschied von Quetsche un Pflaume? Pflaume is des hochdeutsche Wort für Simbel un e Quetsch is e Art Ziehharmonika. Ja gut, es gibt natürlich beides auch zum Esse. Pflaume sin rot-bläulich mit einer ausgeprägten Furche, Quetsche sin blau-violett un eher länglich-oval. Achso.

Ei ja hätt ihr mal in Bio beim Lehrer Schläfer oder beim Schleussing in de Schul besser uffgebasst, dann könntet ihr ach e Quetsch von erer Pflaume besser unnerscheide.

Es beste was mer aus Quetsche außer Ladwersch un Slivovitz mache kann, is nadierlich Quetschekuche. Gab´s bei uns frieher nie vor Heusestämmer Kerb, dann awwer unbedingt mit Sahne. Mei Oma Lenche hat schon immer gesagt: „Quetschekuche gibt´s erst an Heusestämmer Kerb, vorher gibt´s Riwwelkuche oder zur Not en Radonekuche, den kann mer es ganze Johr backe. Un wem des net basst, der kriet Hundsfotze.“

Jetzt is ja Heusestämmer Kerb traditionell erst aa Woch nach de Rembricker Kerb, so um de 20. September rum. Is übrigens immer an dem Sonntag, an dem die St. Cäcilia Kerch irgendwann mal geweiht worn is, falls ihr Atheiste des vergesse habt. Kerb sin nadierlich ach die Mehrzahl von em Korb, anners wie Maane die Mehrzahl von erer Maan, also erer Weschmaan, sin. Nur maso.

Quetschekuche gab´s also erst an de Kerb, aber warum? Ganz einfach, weil vorher die Quetsche an unserm Quetschebaam net reif warn. Ich schwör, der Baam steht heut noch, wenn auch nur noch als Andenke an mei Oma Lenche, die hat den nämlich mal irgendwann nach em Krieg gepflanzt.  Quetsche heut uff dem Baam? E Hand voll, sonst hat sich´s ausgequetscht.

Heut krieste ja Quetsche, Pflaume, Reneklode, Pfersisch, Aprigose, Mirabelle, Kersche und sonstische Steinobstgewächse zum Esse, oder besser noch als Schnaps es ganze Jahr, zur Not sogar an Ostern, Pfingste, Weihnachte am Flughafe oder in de Klaamarkthall un auch immer in de Metro. Die Obstgewächse komme dann aus Südeuropa, Westasien, Nordamerika sowie Nord- und Südafrika von de dortige Obstplantaasche.

Des Steinobst wird dort aus marketingtechnische Überlegunge im Mondschein um Mitternacht von hunnert durchtrainierte ErntehelferInnen in lilafarbenen Quetschegewänder mundgepflückt – natürlich gendergerecht von Jungfraue un Jungknaben im Gender-Mix-Pflück-System – in wasserstoffbetriebene Transporter von Claudia Bertani von Mon Cheri persönlich verlade und dann auf sonnenkollektorbetriebene Containerobstschiffe gen Rotterdam verschifft.

In einer Steinobstauffangstation wern die meiste dann zu Superfood-Smoothies verarbeit und gesundheitsbewusste Trend-Yuppies fir en halbe Tageslohn pro 0,33ml in Szenelocations uff Kö, Kudamm, Sylt oder de Zeil als Longlife-Sensation in de Happy Hour zum Super-Sale als Health-Special-Offer dargeboten. Das alles selbstverständlich in der Bio-Variante firs gude Gewisse. Brauchemergarnetdriwwerredde.

Wenn ich mei Oma Lenche frieher auf ein Superfood-Smoothie angesproche hätt, hätt sie mir entweder en Schlabbe nachgeschmisse oder sie hätt folgendes gesacht:

„Horch Bub, wenn de e gesund Esse willst, geh in de Gorde naus un pflick dir en Abbel, awwer erst im Herbst, wenn die Boskop reif sin. Jetzt im Winter gibt´s Schmalzkraut oder Wersching, des is gut fir die Verdauung, gibt kaum Mundgeruch und schont die Nerve. Du kannst nadierlich ach warte bis ich e Blech Quetschekuche gebacke hab, awwer des gibt´s halt erst nächst Jahr widder an Heusestämmer Kerb, dadefier awwer dann mit Sahne.“

 

R      anzereiße

 

Die Elly hat Ranzereiße, des is übrigens mein Hund auf dem Bild. Vielleicht hättse doch mal en Malteser trinke solle, statt nur der gleichnamigen Rasse anzugehörn. Ranzereiße is ja wie Männerschnuppe, nur geschlechtsneutral. Des is schlimmer wie Heimweh und en leere Woikeller zusamme. Awwer eins nach em annern.

Ranzereiße is eigentlich ein elegantes hessisches Wort für Blähunge un die müsse halt raus. Also. Ich erklär mir das immer am beste mit der alkoholischen Gärung. Wenn du einem gärende Maischebottich beim Winzer zuguckst, dann sieht mer ja folgendes Phänomen: es bilden sich Blasen, die an de Oberfläch entstehn un geräuschvoll platze.

Für die Eingeborene zum Mitschreibe: Wenn du an Kerb ungefähr e Blech Quetschekuche noch leicht warm, frisch aus em Ofen isst und dazu en frischgepresste Bembel Süsse trinkst, dann wolle aus deim Bauch auch Blase raus an die Oberfläche. Des Co2 will nämlich in die Umwelt, blöd gell.

In Pre-Gender-Diskussione am Stammtisch hätt mer frieher gesagt, bei Fraue komme diese Bläschen immer durch en Mund raus, weil der ja eh immer zum schwätze uff is und bei Männer entweicht es CO2 halt durch die Ohrn, weil die ja stets uff Durchzug gestellt sin.

Wenn mer dem Frankforder Mundartliedermacher Rainer Weisbecker zuhört, dann wird dir Ranzereiße uff seiner gleichnamigen CD so erklärt:„Wenn de mit em Gast aus Japan in e Ebbelwoiwertschaft gehst, und der isst es erste Mal Rippche mit Kraut un en Handkäs devor un ihr trinkt en Fünfer Bembel – was der dann krieht, des is Ranzereiße“. Mit der hessisch Dreidabbischkeit ist de Rainer im nächste Sommer übrigens am Bannturm zu Gast, solang des Ranzereiße rund um die Pandemie des zulässt.

Aber wenn´s nur des wär. Aktuell bereit mir ganz schee vieles, Ranzereiße. Egal wo du hieguckst, ins Fernseh, in die Zeitung oder ins Internetz, nach spätestens zehn Minude ziehts in de Magengegend, brummelts im Bauch, klingts komisch aus deinem Dünn- oder Dickdarm.

Washington: Donald Dabbes von Dummbatz, der mit dem orangene Wischmopp-Toupe, faselt immer noch was von Wahlbetrug. Ranzereiße.

London: Boris Babbsack Brexit, der mit dem blonde Wischmopp-Toupe, reizt sei Exit-Strategie bis zum letzte Insel-Blutstroppe aus und verfällt in ein nationalstaatliches Gelaber, dass jedem Europäer schlecht wird. Ranzereiße. Orban, Lukaschenko, Bolsonaro, wo du hieguckst: Ranzereißer.

Un bei uns im Land? Querdenker! Mit was denke die eigentlich quer? Die denke ja net mal längs. Des sin kaa Querdenker, des sin Ranzereißer.

Un bei uns im Ort? Die Wahlkämpfer laufe sich warm un reiße jetzt schon an meim Ranze, anstatt sich am Rieme zu reiße. Familienzentrum St. Cäcilia, Feuerwehrhaus, JUZ, Schloßmühl, Brückebauhof…, iwwerall streitese sich wie die Panneflicker bis aans flennt und irgendwann de Ranze reißt.    

Vordergründig geht´s nadierlich um Heusenstamm. Ja is klar. Aber hintergründig geht´s wohl um de nächste Wahlsieg, de nächste parlamentarische Derfschei un um de nächste Bestimmerposte für de Rathaus-Sandkaste. Rote un schwarze Schippcher raus un zentriert in die Magengrub, Sitzungssaalschlägerei bis de Ranze reißt un en Gaul dorschgeht.

In meiner naiven Kreativdenkerwelt gibt´s kaa Schippe, da gibt´s Visione. Ich möchte es irgendwann mal wieder erleben, dass mir Heusestamm entwickeln un des am beste dreidimensional. Was? Qualität, Preis, Zeit. Drei Dimensione. Mehr brauche mer net für´s Ort. Heißt konkret:

In welcher Qualität wolle mir zukünftig alle zusamme lebe? Junge, Alte, Ostendler, Rembricker, Sportler, Musiker, Eigenheimbesitzer, Mieter, Alteheimbewohner, Viertklässer, Abituriente, Studente, Vorruheständler. Mer könnt zusammegefasst ach einfach sache – Heusestämmer - oder komplexer formuliert – Zielgruppen -.

Un zu welchem Preis wolle mir diese Lebensqualität erhalten und weiterentwickeln? Was kost unsern gemeinsame nachhaltige Fahrplan, wenn mer net nur uff Förderung vom Kreis, Land, Bund, Feen und Elfen warte?

Un drittens, in welchem Zeitkorridor setze mer welches Projekt als erstes, zweites, als ultimatives um? Ein Vorruheständler hat dazu sicher e anner Vorstellung wie der Abiturient. Also Zuhören, Gedanke mache, seriös dischbediern über Qualität, Preis, Zeit un dann mache un mache lasse…

Aber genug aus em Klasseraum für heut, mir sin ja hier net im Hörsaal. Aber wie hawwe mir in de Firma frieher immer gesagt: Top-Qualität, Billig- Preis, Spitzen-Zeit? Sucht Euch zwei davon aus, weil alle drei, des geht net.    

 

S      engseweng

 

Sengseweng liegt an de Gartempe kurz vorm Atlantik, wer war da schon? Also ich zum erste Mal mit siebzehn uff de Rückbank von em R4. Des zieht sich, vor allem wenn mer im Auto hinne höchstens so e klaa Seitefensterche uffmache kann un vorne aaner Gaulloise raacht, bis irgendwann e Feuerwehr-Spritzeleiterauto überholt un nach em rechte guckt.

„In the summer of 79“, da war des gewese, als ich mit em Baius un em Holzi nach Sengseweng, für Landkarteleser „St. Savin“ geschriwwe, gecruised bin. Im oraschene Renault R4 mit Ersatzhos, Badehos un drei Trevira-Hemdcher hab ich mich „tres chic“ gefühlt, uff jeden Fall besser wie in jedem mittelklassische Roadmovie. Sonst im Gepäck, der frankophilen Lebensart entsprechend, - Käs, Kippe, Kammembert, Kasteweißbrot un drei Kaste Bier -.

In Sengseweng, einem 1.000 Seelen-Kaff gabs fir junge Leut eigentlich fast nix, außer e Boulebahn un e Freibad. Was heißt da Freibad? Freiwillisch würd mer da heut net nei geh, wenn mer Spaßbäder a la Monte Mare im Kopp hat. Frei war dort de Eintritt, glaub ich, es gab ein ungefähr 10 Meter große Pool, kein Bademeister, aber dadefir Mädels aus Sengeseweng, die mir 3 damals als praktizierende Messdiener natürlich nie angesproche hätte. Theoretisch.

Wie auch? Ich kann heut noch net den Akzent Tegü von em Akzent Graf unnerscheide, odder wie die frankophile Dächer uff de Buchstabe auch immer heiße. Ich bin Lateiner. Ovid, Seneca, Cicero, Dr. Ingebrandt, Latein-Leistungkurs Reichwein-Gymnasium, mehr brauch mer dazu net se wisse.

In spätere Jahre war ich mit em Musikzug in Sengseweng, genauso wie in de annern Heusestämmer Partnerstädte, Malle in Belgien und Ladispoli in Italien. In Tonbridge uff de Insel warn mir als Musiker net, das war evtl. damals schon ein musikalischer Brexit? Nein, mir warn damals in Oxford, Tonbridge war seinerzeit aafach noch kaa Partnerstadt von Heusestamm. Lang her, schee wars.

Manchmal frag ich mich ja schon, nach welche Kriterie mir Heusestämmer uns damals des gefühlt abgelegenste, kleinste Kaff von Westfrankreich kurz vorm Atlantik als Partnerstadt ausgesucht hawwe?

Is de Hermann Elbert, Koordinator von unserm Rathaus damals, de Große Europäer, wie mein Vadder immer gesagt hat, bei einer Außendienstreise durch die Woibersche von Bordeaux falsch abgeboche un hat sich verfranst?

Lass nur mal geh, hat er wahrscheinlich dort im Woibersch, wie auch sonst gern, gesagt un hat per Zufall de Chausseborsch, de damalische Maitre von de Borjemaasterei von Sengseweng bei einem dreistündige „Vin rouge menu ordinaire“ kennegelernt un deutsch-französische Brüderschaft nach dem Motto getrunke: „A votre sante, was isses so schee“.

Bis heut gibt´s ja Gastbesuche nach Sengeseweng, Malle, Ladispoli, Tonbridge un umgekehrt. In meim Elternhaus hatte mir frieher oft e Ehepaar aus Sengseweng, später dann auch eins aus Malle zu Besuch. Als die Sengesewenger es erste Mal unser Haus betrete hawwe, hat mein Vadder es Gästezimmer in einem englischsprachigen „Home sweet home Special Walk“ gezeischt, französisch war nämlich bei Hartmanns leider Fehlanzeige. Nach em Gästezimmer kam die stolze Präsentation des Gästebads mit dem legendäre Satz: „Hier you can dusch“.

Die Verschwisterung zu Sengseweng hat sich ja im letzte Jahr zum fuffzigste Mal gejährt un der Grundgedanke eines geeinten Europas ist ja heutzutage wichtiger als je zuvor. Desdewesche is des ja auch so wischdisch, was der Partnerstädteverein im Ort für Europa so leistet. Des muß ja auch emal gesagt wern. Weil wischdisch, also important, wie mir Franzose odder auch Engländer so saache, oder auch importante für unsere Italiener, gell.

Wenn mer heut so nach Osten guckt, wär es ja nach em Mauerfall auch en Gedanke gewese, e Partnerstadt kurz vor de polnisch Grenz zu suche, um die aktuelle Gedankegäng dort zu versteh, die in Frankfort/Oder halt e bissi anners strukturiert sin als bei uns in Frankfort am Maa.

Was hindert uns eigentlich heutzutage dran, e Partnerstädteprogramm mit em Kaff am Plattensee in Ungarn, oder mit em Seedorf an de polnische Masuren aufzulegen? Die Sprachbarriere können´s ja net sein, des hat ja uff französisch auch irgendwie mit Händ und Fieß un bissi englisch geklappt.

Liegt´s evtl. an der Frage der spirituellen Jumelage? Vin Rouge in Sengseweng, Genever in Malle, Vino Rosso in Ladispoli, Whiskey in Tonbridge, ei ja was trinke mer dann mit unserne Verschwisterungskumpel in Ungarn oder Polen? Probiert´s halt mal mit einem tiefrote Tokajer un em scheene Wodka. Hülje, Glupek, Prost.

 

T    rottwaafloss

 

Samstags werd die Gass gekehrt, des is so sicher wie es Amen in de Kersch. Was fir den Spätzlebewohner der Schwäbischen Alb die Kehrwoch, is fir uns des Gasskehrn bis zum Trottoirfloss. Awwer ohne Floss gekehrt, is wie garnet gekehrt, merkt Euch des.

In de Goethestraß, der Perle der Oberstadt Heusenstamms – also Hibbdebarrier - , war es frieher in de 80er Jahrn nach einer sowieso schon arbeitsreichen Stresswoche an de Tagesordnung, dass am Vortag des Herrn, also samstags morns so gesche spätestens neun Uhr, es Trottoir gesäubert sei musst, weil sonst? Was sache dann die Leut?

Mir im Prinzip heut noch Worscht, meine Oma un meine Mudder awwer net. Da musst du dann als männlicher Ableger deiner Kernfamilie spätestens um halb neun aus em Bett, um en gewisse Aktionismus vor zu täusche. Du schlenderst also im Schlofoozug mit de Schlabbe in die Gordehitt, holst schon emol de große Kehrbesen raus, sagst de Oma laut aus em Hof „Guuude Morsche“ un fragstse nach dem Standort von klaaner Schipp un Besem. Die Oma is beruhischt, de Bub is uff.

Des Kehrmaterial stellst Du dann demonstrativ vors Hoftor un gehst noch mal pfeifend an de Mudder vorbei uffs Klo. Die Mudder is beruhischt, de Bub is uff. Nur net hetze, weil am Vortag des Herrn, soll mer ja ach net huddele.

Die Badprozedur kann dann awwer doch schon mal e halb Stunn dauern, denn bis die letzte Locke gelescht und die erste Falte gepflescht sin, des zieht sich auch bei spätpubertierende Männer.

Die Mudder informiert dich dann vor de Badezimmertür spätestens nach zehn Minude im Fünf Minude-Rhythmus, dass de Bauhof bald zumacht, dass die Kompostierung sowieso nur ganz korz uff hat heut un dass die kompledde Halbschuh vom Babba noch in de Garasch gebutzt wern misse, weil wischdisch, das die glänze wie e Speckschwart.

Ich komm immer noch frohgelaunt aus em Bad und pfeif je nach Jahreszeit den „Bozener Bergsteigermarsch“ oder „Also sprach Zaratustra“ oder „Hells Bells“ oder „Er hat ein knallrotes Gummiboot“. Meine Mudder geht meine gude Morgenlaune eigentlich nie uff en Keks, awwer meine Schwestern geht´s vor elf Uhr regelmäßig uff den nicht vorhandene Sack.

Deshalb trampel ich vorsichtshalber mit doppelter Lautstärke pfeifend an dene ihrne Weiberzimmer mit dem Klassiker „Spiel mir das Lied vom Tod“ vorbei. Die Mudder tobt, die Oma kreischt vom Erdgeschoß eruff, wo ich bleib, weil? Es is schon nach neun, was sache dann die Leut?
Ich grins, bin beruhischt, alle Schwestern sin wach und ich hab immerhin vier von der Sort. Tschaka.

Ich informier dann erstmal alle im Hause Hartmann und zwar zwische meiner Pfeif-Ouvertüre „Bozener Bergsteiger im knallrote Gummiboot“, das ich jetzt völlig ausgemergelt ohne Friehstick für den Rest der Kernfamilie die Gass kehr un es Trottoirfloss noch dezu, weil? Was solle dann sonst die Leut sache?

Nach dem schweisstreibende Kehr-Akt samt Trottoirfloss sin mei Oma un mei Mudder erstmal zufridde un vorallem die Leut drumerum. Weil ohne e sauber Trottoirfloss wär des fir die Nachbarschaft echt ein Scheiß Wocheend worn. Brauchemergarnetdriwwerredde.

Ich hol dann zwei ganz sauwischdische Dreckaamer bei meine Oma aus em Keller un e versifft Weschmaan mit Zeusch des die weibliche Kernverwandschaft net mehr brauch un die Nachbarschaft, warum auch immer net will. Noch e bissi Gelerch aus em Kruschelkeller ins Auto un ab uff de Bauhof bevor der um kurz nach elf zumacht.

Nach em Schwätzje dort mit em Conny an Container 4, warum die Kiggers schon widder so en Kack gekickt hawwe un an Container 3 mim Gänse-Schlegel, warum er schon widder kein 30 kg Hecht im Schermsee gefange hat, fahr ich wesche drei abgeschnittene Äst von unserm Quetschebaam völlisch unterhopft, weil immer noch nix gesse un getrunke, uff die Kompostierung.

Nix wie haam, ich muß ja vorm Mittagesse pünktlich um 12 noch die Halbschuh vom Vadder butze, für jeden Arbeitswochentag ein Paar. Nadierlich in de Garasch, weil Schuhwichs stinkt, un die Business-Budapester nach einer Woche Stressjob vom Vadder rieche eigentlich wie de Saustall vom Bauer Ommert von inne.

Nach em Esse geht´s weider. Garde umgrawwe fir die anner Oma in Biewwer, weil? Was sache dann sonst die Leut. Dort dann Bohnestange stecke un Flasche rund ums Gemiesbeet oigrawwe, sonst komme nämlich die Schoormäus. Der Wind, das himmlische Kind pfeift nämlich über die offene Flaschehäls und da wern die Schoormäus nervees, ich rede von Feldmäusen, ihr nicht-dialektsprechenden Bieberer, die werden nervös, un haue ab nach Lämmerspiel.

Zurick mim Rad nach Heusestamm in de anner Oma-Garde, dort misse mer nämlich Früchte jeglicher Art ernte, die die Oma einkocht un mit Kornfusel uffgesetzt in Flasche abfüllt. Es ist mittlerweile halb vier mittags, die HR1 – Bundesliga-Konferenz läuft im Nachbargarte beim Hans Christ so laut, dass du dein eigenes Grammophon auslasse kannst. Was sache dazu eigentlich die Leut, die Fußball nur so mittel finne?

Egal, de Oma gefällts, die Eintracht liegt gescge Bielefeld im Rückstand, es Trottoirfloss is sauwwer, de Uffgesetzte is in de Flasche, also spiele mer vorm Bettgeh noch e Rund Romme. Die Oma sitzt wie immer vorm Wandspiegel platziert, sie hat´s nie gemerkt, mir hawwe ihr Romme-Joker so immer geseh, denn sie hat halt oft beschisse.

Awwer wenn sie sich dann e Schnapspralin gegönnt hat, sie hat de Schnaps ausgezuckelt, fir uns gabs die Schoko drumerum, war de Vortag des Herrn dann irgendwann rum. Spätestens um neun gings dann ab ins Bett. Also ich nur theoretisch, weil? Was solle dann sonst die Leut sache?

 

U    nnergasseoigangsloch

 

Uff em Bild heut, glaabt mers doch, ist´s Unnergasseoigangsloch.

Wer noch nie durch unsern Torbau gelaafe is, am beste beim Fastnachtszug mit laut Musik im Tordurchgang, der kann garnet ermesse, was des Denkmal fir uns Heusestämmer bedeut. Es gibt schließlich weltweit nur wenige Hotspots, die so ein Triumphtor iwwerhaupt hawwe.

Die Top 3 in der historischen Bedeutung, also zumindest für uns hier im Ort: Brandenburger Tor-Berlin, L´Arc de triomphe-Paris, Torbau-Heusenstamm.

Um die Bedeutung dieses Denkmals für die Ewigkeit, fir Oigeplackte un fir Tagesstädtetouriste, die komischerweise bei uns nicht täglich busweise mit STEWA oder Kipferls Reisen reinpilgern, semantisch zu "superlativieren", hat ja der liebe Rudolf Fauerbach fir de Heimatverein vor vielen Monaten vorgeschlage, den Torbau in ein Kaisertor oder ähnlich umzubenenne.

De städtische Supervisor Halil hat ihm kürzlich im Amtszimmer seiner Borjemaaster-Residenz, quasi sehr nachträglich fir den Vorschlag, einen Kaisergulden im gräfliche Schloss zu Schönborn überreicht. Natürlich auch für noch bedeutendere, heimatpflegerische Aktivitäte im für uns so wertvolle Heimat- und Geschichtsverein.

Der Rudolf hat den Gulden sehr verdient, brauchemergarnetdriwwerredde, wie so einige annere Heimatpflescher übrigens auch. Awwer dafür braucht´s wahrscheinlich entweder es rischdische Parteibuch oder halt gar kaans, awwer des is ja rein politisch-spekulativ und davon hab ich nun wirklich kein Plan.

Wie so manche Politiker in Amt und Würden übrigens aach ned, awwer des is ja erneut Parteibuchleserei, also Finger weg von de Tastatur, sonst gibts noch en Stromschlag. Aua.

De Steffen Ball hat ja den damalige Fauerbach-Namensvorschlag genauso verulkt wie ich, übrigens weit vor seiner Kandiatur für die Borjemaaster-Residenz. Sein Beitrag war des kongeniale Wort Unnergasseoigangsloch als superlativiertes, lokalgefärbtes, mummengeschanztes Synonym für Torbau.

Kongenial? Hä? Von de Wortbedeutung is das ja eine geistig oder künstlerisch einem genialen Menschen ebenbürtige Person. Is also de Steffen mit seinem Vorschlag Unnergasseoigangsloch dem Rudolf Fauerbach kongenial ebenbürtig un hat vielleicht auch de Kaisergulden verdient? Falsches Parteibuch, falscher Zeitpunkt, Wahlkampf, Pferz mit Kricke.

Aber der Kaisergulden ist ja die einzige städtische Ehrung, die der Bürgermeister ohne eine Gremienentscheidung selbst verleihe kann. Da kann de Steffen sich den Gulden evtl. ja bald selbst verleihe? What?

Parteibuchleserei, na werklich net. Kaisergulden gibts net, hör ich sei Magistrats-Mudder sache. Des wird höchstens was, wenn es de nächste oberste Zeremonienmeister der Borjemaasterei hinkriegt, dass der Torbau wieder ein artgerechtes Innenleben erhält, dass einem Triumphbogen dieser Kategorie würdig ist. Ich wiederhols gern, weil Top 3: Paris, Berlin, Heusenstamm.

Übrigens wenn mer schon Namensdiskussione im Ort führn, warum dann net mal über unsere Straßenname nachdenke? Ganz früher hatte die Gasse bei uns Name wie Schlossstraß, führt halt zum Schloß, oder Bleichstraß, da wurd halt die Wäsch an de Bach gebleicht.

Oder es gab wie iwwerall Straßename wie Frankfurter, Isenburger, Rembrücker etc., die bis ins jeweilige Nachbardorf gepflastert warn. Dann gab´s welche, die berühmte überregionale Persönlichkeite repräsentiert hawwe, also z.B. die Dichter- un Musikerfraktion wie Goethe, Schubert, Mozart, Beethoven and friends.

Awwer heut, was liest mer in de aktuellste Wohngebiete im Ort für Straßeschilder? „Am Apfelbaum“. Zum Glück hat an der Stell kein Nussbaum gestanne, sonst ded mer dort jetzt vielleicht „An den 3 Nüsschen, Hausnummer 17“ wohne. Anner Beispiel is „Am Sandhügel“, zum Glück war da kaa Brombeerheck, weil sonst jetzt folgende Adresse: „Hinner de Brombeerheck 38“. Mei Nerve.

Die Stadt vergibt ja neben dem Kaisergulden auch noch annern Ehrungen an verdiente Heusestämmer Gönner und Bürger. Wärn da net e paar Straßename zu finne gewese? Klickt emol uff die Heusenstamm.de Seit in die Rubrik Ehrungen.

Wenn mer nur allein die vorhandene Stichwege oder die Sackgasse frei nach Rudolf Fauerbach semantisch "superlativiert", also mit einem neue Supername versieht, gäb es für all die Ehrenbürger im Ort wesche mir ab sofort Adresse wie:

Günter Wilkens Platz, Prof. Engel-Straße, Peter Jakoby-Kreisel, Herbert Margraf-Weg, Richard Hofmeister Grund , Hans Eckstein Ring oder auch den Johann Subtil-Acker.

Annererseits käms ja auch nie zu mummenschanzende, kongeniale Wortschöpfunge, wie Unnergass mit gleichnamigem Loch, Hinnergass un Gaasegass. Awwer „Am Apfelbaum“, ich waas ja net?

Gaasegas, Gaasegass, rabbeldiebix.

 

V    erdelwormworscht

 

„VierVerdelwormWorscht“, nuschelt de Stift eines lokalen Malerfachbetriebs um halb neun Uhr morns in Richtung Fleischereifachverkäuferin. „Also willste en ganze Ring woorm Flaaschworscht“, fragt die gutgelaunte Metzgerei-Service-Providerin den verwirrte, junge Handwerker in seiner farbig gesprenkelten, eigentlich weißen Latzhos?

„Naa, VierVerdelwoormWorscht, so stehts hier uff moim Zettel vom Altgesell.“ „Also gut, ich schneid dir die woorm Flaaschworscht also in vier Veerdel.“ „Des is awwer wenisch“, sagt der Malerlehrling enttäuscht, „mach doch lieber fünfveerdel draus, da ess ich aans gleich, des merke die uff de Baustell nie.“ Eidahammersdoch.

Es sind die sauerstoffoptimierten Einwortsätze, die der Hesse gerne verwendet, um den Stakkato-Rhythmus des digitalen, schnelllebigen Kommunikationsalltags mit einer gewissen charmanten Lokallethargie atmungsaktiv zu unterbrechen. Hä?

Okay, der interessierte Leser benötigt ein paar mehr Beispiele der regionalen Einwortsatztheorie. Brauchemergarnetdriwwerredde.

Die Bewohner des schönsten Landstrichs zwischen norddeutscher Tiefebene und Alpenvorland an den Flüssen von Rhein-Main-Bieberbach verständigen sich bei einem Hauptstraßen-Small Talk zum einen gerne in Form von gepflegten Urlauten, so z.B. der überwiegend männliche „Heusestämmer“: „Gude! Un? Aja! Muß! Als weider! Halt Dich munder! Gruß dehaam! Dido! Gude!“

Der eher ausschweifende Informationsaustausch der überwiegend weiblichen Ortsgattung „Heusestämmerin“ funktioniert allerdings oft dem Tagwerk geschuldet im sogenannten CO2-reduzierte Einwortsatz-Eröffnungsstakkato. Auf die simple Frage: „Wie gehts?“, den hessischen Imperativ nutzend beginnt die Heusestämmerin ungefähr so:

„Aaachhermeruff, ichkannaamsaache un desannerwillsteerstgarnetwisse!“

Die Frage nach der Befindlichkeit ist damit ausreichend beantwortet, handkusswerfend geht die Heusestämmerin Ihres Shoppingweges, um in Höhe der nächsten gesichtsbekannten Heusestämmerin sinnschwanger Ihren Gefühlszustand im auffordernd, aufopferungsvollen Imperativ zu repetieren: „Aaachhermeruff, ichkannaamsaache un desannerwillsteerstgarnetwisse!“

Dieser Hang zum mitunter doch spartanischen Unterhaltungsmuster wird dem ureingeborenen Heusestämmer ja schon als Bobbelsche in die Wiege gelegt. Auf die Frage der sonntäglich an der Bettstatt erscheinenden Kerchechorfreundin der Großmutter des fast immer noch neugeboren empfundenen, zweijährigen Sprösslings einer Heusestämmer Urumpelfamilie: „Eiwoisserdann?“ antwortet selbiger, sprachgenwandter Pre-Kindergartenkommunikator unschlagbar einwortsatzig: „Mirdochegal“

Außergewöhnliche Anwendungsbeispiele findet die Einwortsatzforschung ja beinahe täglich auf den kriegsähnlichen Asphaltpisten der naheliegenden A3 oder A5 im Feierabendstau der verkehrsinfarktösen Berufspendlergeneration „EileckmichdochamArschdavorne“.

Nach der Kommunikationseröffnung durch die Fanal-Lichthupe Hella-Supernova-Doppelhelix-Milchstraßen-Laser, erfolgt der erste Frust-Kommunikationsanfall Marke

„EihatdannderdavorneseinFührerscheiuffdeKerbgewonne“ mit folgendem Verkehrs-Nervezusammenbruchsdialog:

„EsGaspedalisrechtsnewwerdeBremsfallsDudesnetfinnst, DuSimbel“

„NervnedStauisnurhinnebleed, Vornegehts“

„IchholdichgleiausemAutoraus, DuBabbsack“

„Grünerwerdsned“

„MirstehnuffdeA3, dagibtskaaAmpele“

„Mirdochegal, DuFallesteller“

„Werdsbalddavorne?“

„Washastesdannsoeilisch,dehaamsterbediemeisteLeut?“

„EileckmichdochamArschdavorne!“

„DrehDIchrum,dannkommichbesserdran!“


Da lob ich mir doch die gepflegte, skriptiv-narrative Nonverbal-Kommunikation der hier entspannt versammelten Home-Officer-Family der Social-Media-Connection „Lust-Auf-Heusenstamm“. What?

Nein, ruhisch dahinne ihr Demokratebuwwe, mir lasse die Schippcher so korz vor Woinachte mal schön im Sandkaste leie und spiele ausnahmsweise mal mit de Mädscher gescheriwwer vom Rathaus-Spielplatz uff em Kletterstern.

Nix Momendema, Haldamaul, Hammersbald.

VerreißtEuchnetschonwidderdeKiddel.

SonstkennteresChristkindschevergesse, ihrBankert.

 

W   asserschloss

 

Mir hawwe zwaa Wasserschlösser un ihr so in de Nachbarkäffer? Net aans.

Obertshäuser - Ja, ihr habt drei historische Trachytstaa bei uns geklaut und nennt des jetzt Burg, geschenkt-, Dietzebacher – Ja gut, ihr habt so en Aussichtsturm uff em Wingertsbersch, um nach Heusestamm zu gugge, giltet net als Schloß-, Rodgauer - Ja, ihr habt en Wassertorm, geschenkt -, Iseborjer- Euer Schloß steht in Offebach, bleed gell? Net aans, also uffgebasst.

Das beliebteste Standesamt südlich der Mainlinie is, für das von Amor getroffene heiratswillische Singlevolk oder auch für unverbesserliche Mehrfach-Ja-Sager, beheimatet im ehemaligen Wasserschloß-Ensemble der Grafen von Schönborn im hinteren Schlösschen des malerischen Kleinods Heusenstamm am geschlängelten Flußlauf der Bieberbach.

Das Schönborn-Schloss wurde ja selemols als vierflügelisches Wasserschloß geplant un is noch heut von einem trockengelegten Wassergraben umgeben, der einst mit Wasser aus der Bieber gespeist wurde.

Diese Stilllegung ist übrigens mit Hilfe der obersten Spritzeinsatzleitung aus em lokale Feuerwehrhaus quasi über Nacht umkehrbar, falls irgendwelche iwwerzwersche Truppenverbände aus der schon beschriebenen Schloß-befreiten Nachberschaft mit Mistgabeln, Gusspanne oder Nudelhölzer bei uns oiplacke. Big Firedreamdancers are watching you, Rucksäck.

Uffbasse. Achsoo, die annern Geschichte rund um die Schönborns kennt schon jeder hier, langweilisch, von mir aus.

Wer kennt awwer unser zweites Wasserschloss mitte im Wald uff dem heutige Bild? HeusestämmerInnen, die eher als Deko fir die Couch geborn sin, sicher ned? Des Wasserschloss steht uff em Hohe Bersch, unsere unter Alpiniste ähnlich der Eiger-Nordwand legendäre Erhebung, immerhin mit 159 Meter ü. NN fast so hoch wie de 216m hohe Hexebersch in Dietzebach. Awwer wer wohnt schon gern bei de Hex, net mal Hänsel un Gretel.

ü. NN bedeut übrigens „über Normal Null“ un net Doppel Null, wie de James, also 007. Normal Null is in der Geodäsie die Bezeichnung für eine bestimmte Niveaufläche, die in einem Land als einheitliche Bezugsfläche bei der Ermittlung der Erdoberfläche vom mittleren Meeresniveau dient. Achsooo.

Die deutsche Normalnullfläche für Höhenmessungen und Höhenangaben ist vom Nullpunkt des Amsterdamer Pegels abgeleitet, gemesse wahrscheinlich damals direkt unner einem Wohnwagen der „Nieder“lande. Hmm, da müsse sich awwer die Greta un ihre Freitagsfreunde mal bald wieder drum kümmern, sonst basst des mit unserm „ü.NN“ bald net mehr un mir müsse de Hohe Bersch neu vermesse. Wenn´s nur des wär.

Der Hohe Berg ist übrigens ein ehemaliger Trachyt-Steinbruch, daher auch der heutige Name Gravenbruch, weil die Trachyt-Staa für den Bau des gräflichen Heusestämmer Schlosses benutzt worn sin. Heute dient das Gelände der Jägervereinigung St. Hubertus als Ausbildungs- und Schießplatz. Auf der Ostseite des Berges ganz owwe befindet sich der abgebildete Wasserbehälter. Also isses ja garkaa Wasserschloss?

Naa isses ned, awwer wenn der Hohe Bersch mit dem Prachtbau owwe druff, der einer durch Heusenstamm von Ost nach West auf ihn zulaufenden Straße zu ihrem Namen verholfe hat, in Obertshause stehe ded, würden uns die liebenswürdische Nachbarn jenseits der A3, diesen Prunk- und Protz-Wasserbehälter als Wald-Wasser-Residenz, als Schloss „Aqua-Bellevue“ oder als gräfliches Monte Mare mit Eintritt und Bademeister verkaafe. Die Oberthäuser hawwer ja ach e Burg un die Erde is dort eine Ellipse. Muhahahaha, is klar.

Es gibt ja noch annere Schloss-ähnliche Gebäude uff unserer Gemarkung, die in de neidische Nachbardörfer mangels monarchischer Masse in den Status eines Landgrafenschlosses oder eines zumindest spätbarocken Kleinods fürstlichen Ursprungs zurecht-gefake-newsed worn wärn.

Kuckt Euch mal die Schloßmühl genauer an, da steckt der monarchische Ursprung sogar schon im Namen. Bei uns wohne da drin noch net mal wie selemols die diensthabende Hausmeister vom Schloß samt gefiederter Pfauenfamilie.

Mer kann sich nämlich im monarchische Umfeld des ehemaligen Wasserschlosses, im gräfliche Komödienstadel der post-kaiserlichen Stadtverordnetenversammlung im sogenannte Rathaussitzungssaal, unter Insidern auch als Trouble-Club bekannt, nicht einigen, ob dort en Kinnergarde nei soll, e Jugendzentrum oder halt doch ausgelagerte Fraktionsbüros für z.B. die AFD? Wer is des noch emol? Ah, die realitätsverweigernde, geschichtsverdrängende Blockadefront „Auffangbecken für Dollbohrer“!

Ein Ehrenamtsbeauftragter könnt da auch nei, hab ich die Tage gehört? What? Was soll jetzt der in dem Ehrenamtsbüro genau mache? Ich denk dafür gäb es e Fachabteilung im Rathaus, also systemrelevant bezahlte Ehrenamtsbeauftragte?

Ich hab ja en annern Vorschlag: Warum net für systemirrelevante Heusestämmer Bühnenakteure im Ehrenamt mal was ausprobiern? „Haus der Kleinkunst“ hört sich für mich gut an. Clowns un Schiffschaukelbremser wern mir mit Händ un Füß verhinnern, hör ich mitlesende HinnerumpolitikerInnen aus Ihrer Denkschublad flüstern.

Mir redde hier awwer von Shakespeare, Moliere, Zuckmayer un annern Lokalpoete. En Haufe theatertreibende Vereine un Gruppe sin ohne festen Probenraum im Ort. Achsoo.

Für e Schloßmühl ohne Flügel kämpft natürlich höchstens de Don Quichotte, der spanische Simbel. Rosinante, hör uff zu wiehern dahinne, de Sancho Pansa hat sich des zwar vom Christkindsche gewünscht, der is awwer bis zur Kommunalwahl im März in Quarantäne, dann gugge mer mal weider, gelle.

 

X    Mette

 

X-Mas mag ich net. Was? Also nur den Begriff net. Es geht ja schon mal damit los, dass mir Heusestämmer des X am Wortanfang sprachlich eigentlich garnet gebraucht hätte. En Satz mit X, da gibt´s vorne nix.

Aber wenn mer sich des X mal genauer anguckt und sich kein X für ein U vormache lässt, is des mit e bissi Phantasie eigentlich ein gespiegeltes C, also quasi ein doppeltes C. Übrigens kein hohes C, des is nämlich en Orangesaft. X-Mas ist ja eine Marketing-Erfindung von Coca Cola, die Ihren Truck durchs Land schicke wollte, um noch mehr Weihnachtsumsatz zu mache. Merkt ihr was, auch im Wort Coca sin zwei C drin, also X-Mas gespiegelt?!?

Schon clever die Marketingstratege aus Atlanta, awwer desdewesche aus Christmas einfach X-Mas zu mache, ich waas ja net. Des hat unsern Jesus Christus net verdient, zumal der wahrscheinlich ach kaa Cola getrunke hätt. Babbsieß ohne Asbach is des Zeusch ja auch kaum genießbar, es is und werd halt kaa frischgezappt Bier. Wenn mer des mit dem X alles ab sofort so abkürze dede, gäbs dann dies Jahr zur Weihnachtszeit Dresdner X-Stolle? Heißt der FDP-Vorsitzende dann jetzt X-ian Lindner? Hilfe, ich muss glaub ich mal wieder zum Arzt, meiner heißt übrigens Dr. X-oph Schröder, mei Nerve. Beam me up, X-otty. X-andalös sowas.

Heusestämmer Weihnachtstraditione sin fernab jeglicher Marketingstrategie sowieso ganz annersters. Mir hole unsern X-Baum, äh unsern Christbaam ja schon rund um Nikolaus rum, da steht er nämlich länger bei uns in de Wohnstubb und mir freue uns länger bis es X-Kind, äh es Christkindsche kimmt.

Die übliche Diskussione bis zum Fest gibt´s bei uns natürlich genauso wie bei Euch: Was esse mer an heilisch Abend? Wer besucht mit welchem Haushalt wann die Mudder, wann besuche mer die Schwiechermudder? Wann gehn mer in die X- Mette? Früher hab ich mich ja immer gefragt, warum des Mette un net Messe heißt? Des hat doch schließlich nix mit Mettworscht zu tu.

Die (X) - Christmette in meiner Kinder- und Jugendzeit war immer gleich. Ich war Messdiener in de 70er Jahrn und die Mette begann um halb zehn abends in Himmelskron unter Pfarrer Hofmeister. Was ein Gewusel vorher in der Sakristei, da musste schließlich ungefähr 40 Messdiener e Weihnachtsgewand ooziehe, mittedrin die Haushälterin vom Richard, die Lisabeth Eschborn, die des Gewusel grob sortiert hat. De Küster Josef Nuber hat drauße noch die letzte Kerze oogesteckt un schon gings ach los.

De Obermessdiener, de Baius, is an de Ambo und hat „Im Anfang war das Wort…“ vorgelese. Ich durft des ja nie vorlese, denn de Pfarrer war der Meinung, in de Kerch wird über den Johannes-Text nachgedacht un net gelacht, versteh ich bis heut net. In de Sakristei hat de Küster zuerst die Kohle vom Rauchfass angesteckt und dann die Flambos 1-40, mit dene mir festlich in die Kersch eingezoche sin.

Damals wurde die Weihnachtsgeschicht noch vom Pfarrer un von de Messdiener vorgesunge. Also zumindest von dene mit gesanglichem Talent. De Heiko Friedrich aus de Feldstraß hat damals mehrere Jahre de Engel gesunge, ich selbst war bei den Hirten als Sänger dabei. „Fürchtet Euch nicht“. Himmlisch, zumindest bis zum Stimmbruch.

Der Höhepunkt in der Mette war dann für mich immer der Gang der Messdiener mit em Christkindsche zum Marienaltar im Seiteschiff, wo die Weihnachtskripp noch heutzutag uffgebaut is. Der zuverlässigste und brävste Messdiener des abgelaufene Kerchenjahrs durft dabei des auf einem Kissen festgebundene Christkindsche aus Holz durch die Kerchegäng zur Weihnachtskripp trage.

Ich glaub es war so im Jahr 1974, ich war 12 und de Franz Beckenbauer hat im selbe Jahr de WM-Pokal nach em Endspiel in München hochgehalte, hätt ich fast es Christkindsche uff em Kisse durch die Kerch getrage. Mein WM-Pokal. Ich war bestimmt net de Brävste, aber zuverlässisch un lässisch dezu.

Es wurd nix draus, weil ich in de letzt Messdienerstund vor Weihnachte glaub ich folgenden Witz erzählt hab: Sagt die Mama vom Quasimodo, des is übrigens de Glöckner mit dem Buckel: „Quasimodo, hol mal de Wok aus em Keller, ich muß dei Hemden bischele.“

In der Gegenwart wird die (X) – Christmette normalerweis etwas anders zelebriert, für mich aber genauso schön wie 74. Hört ihr es auch? Schon e halb Stund vor dem Gottesdienst ertönen weihnachtliche Klänge von der Empore rund um die Musiker von Hubert Sassen. De Küster Klaus Kessler steckt die letzte Flambos in de Sakristei an und Nicole Grundel und Ihre Ladies singe „Oh holy night“. Himmlisch…

…am Schluß der X-Mette löscht de Küster Klaus wie immer im Rhythmus der Orgel alle Lichter in de Kerch und es brenne nur noch die Weihnachtskerze uff em Christbaam. „Stille Nacht, heilige Nacht, alles schläft, einsam wacht“. Nächst Jahr dann wieder lautstark alle zusamme mit em Pfarrer Martin Weber, eng nebernanner in de Bank in einer überfüllten Maria Himmelskron. Halleluja.

 

Y    esses, naa

 

„Yesses Naa! Wärn mer nur die Schwelle gelaafe, ich hab ders gesacht, Maria.“ „Sei maa ruhisch, Jupp, de Schaffner schwätzt übers Zugmikrofon e Dorchsach“. „Es folgt eine Durchsage Ihres RMV: Die S-Bahn S2 von Dietzenbach nach Niedernhausen steht auf dem Gleis in Höhe Brückenbauhof Heusenstamm wegen einer Notbremsung aufgrund von Unregelmäßigkeiten in der Oberleitung“, so die Meldung des diensthabenden Bahnbeamten der Leitstelle Frankfurt.

Des hammer jed Woch dreimal, hör ich S-Bahn Berufspendler flüstern, auf Ihrem täglichen Business-Frustweg in Richtung Taunusanlage, Frankfort City. Maria und Jupp aus Staabersch gehörn nicht mehr zu dieser Berufspendlergruppe, sie sind seit fast zwanzig Jahren im Unruhestand und gehören zur aktuellen Impfzielgruppe der Kategorie 1.

Anfang 80, kaum Vorerkrankungen außer e bissi Restalkohol vom letzte Karteabend mit Ihrm Romme-Club „Schibbe siwwe“. Zwei Haushalte, vier Spieler, wer verliert zahlt die Rund, de letzte Spieleabend war im September, kein Restalkohol mehr feststellbar, also eigentlich kerngesund. GottseiDank. „Warum muss dieses bleede Impfzentrum fer de Kreis Offebach ausgerechent unbedingt in Heusestamm steh? Ich betret des Dorf nur unner Protest, des waaste ganz genau Maria!“

„Ich waases Jupp, seitdem du uff em Martiniball in Heusestamm vom Döller Jakob und seine Florianskollesche in de 60er verdient de Frack verhache kriet host, kannste die Schlisselrasseler net mehr leide. Ich hab´s nach 7.000 Wiederholunge so langsam kapiert, nach mittlerweile immerhin goldener Hochzeit mit dir, letzt Jahr im Sommer, gell mei klaanes Rucksäckche?“

„Nenn mich net Rucksäckche, Du Schlüsselrasselern, sonst mach ich mein Rucksack heut net mehr uff un da is so einisches drin. Un was heißt iwwerhaupt verdient de Frack verhache?“ „Ei du hast de Heusestämmer damals es scheenste Sahneschnittche aus em alde Ort geklaut, also gab´s de Frack voll, mei klaa Rucksäckche aus DIetzebach.“

„Is ja gut Maria, hier derfst emol neigucke in mein Sack: E Cervela vom Metzjer, e foi Nussbrot vom Bäcker un en Flachmann mit em Kerschschnaps. Un hier nadierlich unsern Frageboche, wesche dere Corona-Impfung fir des Impfzentrum bei de Schlisselrasseler uff em Campus-Gelände hinnerm Schwimmbad.

„Sei maa ruhisch, Jupp, de Schaffner schwätzt übers Zugmikrofon e Dorchsach“. „Es folgt eine Durchsage Ihres RMV: Wegen eines technischen Oberleitungsdefekts steht die S2 von Dietzenbach nach Niedernhausen noch ca. 3 Stunden in Höhe Brückenbauhof Heusenstamm. Unsere Bahntechniker versuchen die Panne mit Hochdruck bis spätestens morgen zu beheben.“

„Yesses Naa! Wärn mer nur die Schwelle von Staabersch nach Heusestamm wie damals in de 60er Jahrn gelaafe, ich hab ders gesacht, Maria.“ 
„Nerv ned Jupp, es is wie´s is, en schebbe Arsch, gibt en schebbe Schiss.“
„Die Türn gehn awwer aach net von Hand uffzudricke, Maria, sonst kennte mer ja enaus“. 

„Ich lesch mich e bissi in die erst Klass uff die Bank un schlof e paar Stund  bis es wieder geht. Geb mer noch e Stick Cervela un e Scheib Nussbrot, danach schlof ich besser. Un wenn ich ned oischlofe kann, trink ich danach noch en Kercheschnaps. Hoffentlich kann ich net oischlofe.“ „Genacht Maria, ich lesch mich bei dich un bass uff die Schaffner-Dorchsach uff. Hier, en doppelte Kersch, Prost Maria.“ „Prost Jupp!“

Un unsere liebe Maria Lehr, gebürtisch aus em alde Ort in Heusestamm, fiel in einen ausgedehnten Mittagsschlaf-Tagtraum erster Klasse: 

„…es begab sich zu der Zeit, dass eine Empfehlung von Gesundheitsminister Spahn ausging, dass das ganze Land sich impfen lassen sollte. Diese Empfehlung geschah zu der Zeit, da Bouffier landpfleger von Hessen war.

Auch Josef Lehr aus Dietzenbach und sein Weib Maria, die im neunten Monat schwanger war, begaben sich auf den langen Weg von Staabersch nach Heusenstamm, wo sich das Testcenter des Kreises Offenbach befand. Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, da sie gebären sollte. Und sie gebar ihre Zwillinge, wickelte sie in Windeln und legte sie in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge…“

Jupp wartete auf die nächste Schaffnerdurchsage und starrte leicht gelangweilt aus dem Fenster. Ganz hinten am Horizont sah er die Scheune des Klaa Heinrich, wie die alten Schlüsselrasseler früher sagten. Genau dort hatte er mit seiner Maria nach dem Martiniball in de 60er im Stroh übernachtet.

Hier hatte er seine heute 54 Jahre alten Zwillinge gezeugt, Jakob und Florian. Ob die Namenswahl seiner Maria mit de Heusestämmer Feuerwehr zu tun hatte? Sie hat es ihm nie verrate. Is ja Immer noch schöner als Herbert oder Hermann aus de damalisch Nachbarschaft von de Maria im alde Ort von de Schlisselrasseler.

Durch ein heftiges Klopfen an der Scheibe des 1. Klasse-Waggons wurde Maria Lehr jäh aus Ihrem Tagtraum gerissen. „Jupp, ich hab so schee gedraamt, von unserne erst Nacht in de Scheuer vom Klaa Heinrich selemols. Waastes noch, als die zwaa Gaase in de Stall neigerennt sin, die mir im Dunkle erst fir Ochs un Esel gehalte hawwe. Ei da hab ich mich fast wie in Betlehem im Stall gefiehlt, obwohl kaa Hirte uffgetaucht sin, waastes noch Jupp?“

„Ja Maria. 7000 mal erzählt. Guggemo die Feuerwehr hat uns die S-Bahn-Türn mit de Blechscher uffgeschnitte, mer könne jetzt Schwelle dabbe bis ins Impfzentrum“. „Nix gibt´s“, sagte der Einsatzleiter der Heusenstammer Feuerwehr, „wir fahren sie selbstverständlich mit unserem Leitfahrzeug zu Ihrem Impftermin, der im Campus Heusenstamm in 15 Minuten beginnt.“

„Woher wisse sie, wo mir hie misse, junger Mann?“, fragte die freudig erregte Maria Lehr, gebürtig aus em Heusestämmer alde Ort, denn sie erkannte den Enkel Ihres damaligen Feuerwehr-Martiniball-Schwarms aus Heusenstamm sofort am Dauergrinsen, dass er wohl von seinem Opa geerbt haben musste.

„Ich bin heut Einsatzleiter der Heusenstammer Feuerwehr, es ist mein Job so etwas zu wissen, gnädige Frau Lehr.“ Jupp Lehr dachte sich seinen Teil, stieg in das Feuerwehreinsatzfahrzeug neben seine Maria und sie fuhren in Richtung Impftermin zum Campus.

„Die Schlisselrasseler sin ja garnet so verkehrt, Maria“, flüsterte Jupp seiner Maria ins Ohr. „Ich hab ders immer gesacht, Jupp, mir Heusestämmer rassele net nur mit de Schlissel, mir wisse ach wo es Schloß is, mei klaa Rucksäckche“

„Yesses Naa Maria, daß ich des noch erlewwe derf, dass ich mit Blaulicht dorsch Heusestamm gefahrn wer. Danke ihr Döller Jakob-Nachfahrn. Es war doch en Gude, de Jakob, gell Maria?“. „Yesse naa, Jupp, des hab ich dir aber aach schon 7000 mal erzählt.

Da isses Impfzentrum, Aussteie.“

 

Z     uckergraf

 

Am 2. Februar 2021 isses wieder soweit. Punxsutawney Phil, das alte Murmeltier, guckt ob in Pennsylvania die Sonn scheint un wie lang sein Schatte is, um sich danach je nach Länge des Schattenwurfs in seim Kobel wieder gemütlich hiezulesche, bis endlich es Frühjohr kimmt.

Jetzt hawwe gewisse Amis, vorallem aktuell die aus em weisse Haus, schon von Geburt an en Schatte, geschenkt. Awwer die Art der Frühjahrsvorhersage un vor allem der Film zum Thema erinnert mich doch irgendwie an meinen momentanen Pandemie-Alltag: „Und täglich grüßt das Murmeltier“.

06:00 zeigt das Zifferblatt auf meinem Radiowecker, HR1 weckt mich mit den täglichen Zahlen des Robert Koch Instituts. Ich wanke ins Bad, werfe mir eine Ladung Kranewasser ins Gesicht, benutze meine Dr. Best Zahnberscht zwei Minute mit kreisenden Bewegungen in allen vier Quadranten, gehe unter die 38 Grad heiße Dusche, die mich nach 8 Minute so aufgewärmt hat, dass ich zum Kaffee koche im Erdgeschoß bereit bin.

Auch hier kreisende Bewegungen mit dem kochende Wasserkocher über den frischgemahlene Arabica-Kaffeebohne im Filter. Eine Duftexplosion der Kaffeeplantage „Barista de Luxe“ ermuntert mich zum erste gepfiffene Lied des jungen Tages, „Morning has broken…“.

Mein Haushaltsvorstand, auch seit März 2020 mehr oder weniger in Dauerquarantäne @home schaut gerade in MOMA einem Streitgespräch von Jens Spahn mit Karl Lauterbach zu. Es geht mal wieder um AHA-Regeln und Lüften im Klassenraum. Ach komm.

Es hilft nix, meine Malteserin Elly muss raus, sonst kriegt sie wieder Ranzereiße und wer will schon es Hundegulasch von gestern auf der Couch. Mein Hausvorstand zieht sich an, geht die Morgenrunde, Rekordzeit 5 Minude 38, Elly und auch meine Frau wolle bei dem Sauwedder partout keine paarungswilligen Rüden kennenlerne.

Ich sitz derweil am Laptop, checke immerhin 2 Mails im Posteingang, mein Abfallkalender teilt mir die Abholung „Gelber Sack“ immer doppelt mit, 3 unbekannte Mails und 38 Spam-Nachrichten von Kredithaie, Kondomhersteller un El Gordo, der Millionärsmaschine aus Spanien. Wieder keine Nachricht zur Corona Novemberhilfe für die Kulturbranche, es ist ja auch erst Weihnachten, also stelle mer uns mal net so an.

Nach drei Stunden Vorbereitung aufs Mittagesse, ja im Kulturbetrieb gibt’s sonst momentan, ääh wenisch zu tun, gehe ich nach der Mahlzeit die lange Malteserrunde rund um Patershause. Wir kommen auf dem Rückweg am Feldkreuz auf dem Bild vorbei, grüße de Herrgott, un gehn haam auf die Couch. Mediathek, Netflix, James Bond DVD Gold Collection, Abendesse.

Nach drei Covid-Sondersendungen und den vier Talkshows Maischberger, Lanz, Plasberg, Will en bloc mit den immer gleichen Gästen Lauterbach, Altmeier, Scholz, Drosten und alternativ zugeschaltet Laschet oder Söder schlaf ich bis…

…06:00, so zeigt das Zifferblatt auf meinem Radiowecker, HR1 weckt mich mit den täglichen Zahlen des Robert Koch Instituts von Lothar Wieler…

Aber egal, wie schrieb mir gerade ein Kabarett-Kollesch grob zusammegefasst in seinem Weihnachtsgruß: „Es is e komisch Jahr, aber de Kühlschrank is voll, ich bin gesund un mir hawwe kein Krieg“. Stimmt irgendwie, hmm?!?

Wie ging´s wohl de alde Heusestämmer so in der 50er Jahrn im Ort rund um de Kerschtorm von Gaasegass, Hinnergass bis Unnergass? De Krieg war zwar e paar Jahr schon vorbei, aber die Speisekammer war noch net so voll, en Kühlschrank hats noch garnet gewwe! Es war einmal, ungefähr sooo…

…6 mal schlägt die Kerschturmglocke in kirchlicher Konkurrenz zum tierischen Hahnenschrei auf dem Misthaufen vom Klaa Heinrich in de Patershäuser Straß. Es klaane Fippsche in unmittelbarer Nachbarschaft legt im Hof sein Werkzeusch bereit. Hammer, Näschel, Ledderflicke, Babb, en Schusterlade in der 50er Jahrn, mit provisorischer Werkstatt im Hinnerhaus.

Spätestens um halb siwwe kimmt es Schlabber-Kettche aus de Borjemaaster Kämmerer Stroß täglich zum Schwätze vorbei, meistens mit dem Vorwand, ihr Schlabber wärn schon widder kabbut. Heut kimmtse garnet, denkt es Fippsche, komisch, sie wird doch net krank sei?

Die Kerschtormglocke schlage 7 mal, kein Hahneschrei mehr und weit un breit kaa Schlabber-Kettche? De Schnudebutzer Karl aus em Frisörlade ganz schräg visavis kimmt stattdesse mit em Muckefuck in de Hand vorbei un gibt em Fippsche e zweit Kasper Kämmerer Tass in die Hand. Geschwätzt wird da fast nix, zwei Muckefuck später geht de Karl widder, er hat es Schlabber-Kettche im Salon sitze und wollt mal e Babbelpaus vom Kettche.

Es Fippsche hat Hunger, en Kühlschrank hat er noch ned un wenn, wär ja ach fast nix drin. Er geht ums Eck in die Gaasegass un stellt sich beim Bäcker Büttner in de Lade un fracht nach em Pund Brot von gestern.

De Bäcker Büttner schenkt ihm en frische Zweipünder von heut und gibt ihm sei Sandale zum Repariern als Gescheleistung mit. Kaum aus em Bäcker-Lädche raus trifft es Fippsche de Bach Maddin aus de Bleichstraß, der ihn fragt, ob er auch Gummistiwwel babbe kann? Es Fippsche kann und geht schaffe.

De Bach Maddin geht beim Butter-Fritz Gemies hole un stellt sich in Emmis Lädsche in die Schlang hinner de Stift vom Hanorm, dem Hoorschneider aus de Unnergass. Nach em Schwätzje mit de Emmi iwwer die letzte amtliche Mitteilunge vom Ausscheller Kreisel an de Stifter Schul, hört mer uff de Gaasegass de Butter-Fritz un de Milch Beck mit em Zuckergraf dischbediern, wer die fetter Milch verkääft.  

De Zuckergraf macht zwischedorsch sein Schmus mit em Gretche Sutor, die aus de Worschtkich erausplärrt, dass ihr vor lauter Gebabbel die Flaaschwerscht geblatzt sin. De Zuckergraf schenkt ihr e Zuckersche wie sonst de Kinner, wennse Milch hole misse und e Bambelschnut ziehe, wie e Kuh wenns donnert.

Uff em Wesch haam, die Zuckergrafe wohne geschriwwer von de Katja, trifft er noch es Blauer Fränzi, de Paffs Jakob un es Fäddemsche, den alde Derappel, der uffbasse muß, dass er net von de Ente gefüttert wird, wenn er am Schloßweiher vorbeilääft.

Sie verabrede sich uff e Schebbsche beim Schwarzer nach Feierowwend so um fünf, wenn´s dunkel werd. Da spielt heut owwend nämlich die Kapelle vom Heine Herold, Seppel Kämmerer mim Fippsche. Deshalb war nämlich es Schlabber-Kettche auch heut beim Schnudebutzer Karl zur Wasserwelle, damit se beim Schwarzer in de Wertschaft ach so rischdisch uffgebrezelt is fir die Buwwe.

Nach höchstens drei Schebbscher geht’s haam, fir mehr Bier kannste beim Schwarzer nämlich net anschreiwwe lasse un außerdem is morje um 6 die Nacht erum un es heißt wieder…

……6 mal schlägt die Kerschturmglocke in kirchlicher Konkurrenz zum tierischen Hahnenschrei auf dem Misthaufen vom Klaa Heinrich in de Patershäuser Straß…

„…Und täglich grüßt das Murmeltier“, schon wieder? Vielleicht halt ich am 2. Februar 2021 am Feldkreuz mal die Elly, meine Malteserin, gesche es Licht. Wenn die Sonn scheint, mache mer als so weider un sin aafach mit dem zufridde was mer hawwe, nämlich uns, en volle Kühlschrank un kein Krieg.“

Wie hat´s der brave Soldat Schweijk in Prag einst so schön gesagt: „Wir treffe uns nach em Krieg um halb 6 im Wirtshaus „Kelch“ am Stammtisch.“

Für uns Heusestämmer heißt des doch: Alles annere bespreche mer dann nach em zweite Impftermin uff em Sommerkonzert am Bannturm oder spätestens beim nächste Woifest am Eckelmann-Stand von de Hiltrud Ruppert.

Alla dann, halt Euch munter, verreißt Euch ned de Kiddel.

Mer sieht sich. Gude! 

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